Max Czollek – Gegenwartsbewältigung
Mit Desintegriert euch schrieb der Lyriker und Theatermacher Max Czollek 2018 einen vielbeachteten Essay über das sogenannte Gedächtnistheater und die festgeschriebene Rolle jüdischer Menschen innerhalb der deutschen Vergangenheitsbewältigung. Gegenwartsbewältigung, auch Titel einer Lesereihe im Berliner Maxim Gorki Theater, wirft nun, mit Rückbezug auf Thesen des Vorgängerbuches, einen Blick auf gesellschaftliche und künstlerische Bewältigungsstrategien angesichts aktueller Krisen. Wie kann Solidarität in einer Gesellschaft gelingen, in der Menschen sich zunehmend vor allem mit denen solidarisieren, die genauso sind wie sie? Wie kann Kunst aussehen, die ihre Entstehungsbedingungen reflektiert und an aktuelle Diskurse anschließt? Was kann Kunst überhaupt leisten in diesen Tagen? Wenn die gegenwärtige Pandemie uns eines gezeigt hat, dann ist es die Tatsache, dass vieles politisch möglich ist, wenn ein unbedingter Wille zur Umsetzung existiert. Innerhalb kürzester Zeit wurden Milliarden ausgegeben, um die Auswirkungen des Lockdowns abzufedern. Es wurden Maßnahmen ergriffen, die tief in unser aller Alltagsleben eingreifen, um besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen vor einer Infektion zu schützen. Warum war all das so schnell umsetzbar, während andere Brandherde seit Jahren schwelen, ohne einen Bruchteil dieser Aufmerksamkeit zu …