Bereits ein halbes Jahrzehnt wird Lübeck im April zum Schauplatz guter Literatur. Ich habe mich wieder dort umgesehen und neben einigen Fotos auch Buchtipps von den Verleger*innen und Verlagsmitarbeiter*innen mitgebracht.
Es ist schön und erfreulich, etwas wachsen und gedeihen zu sehen. Das kann dieser Tage die frühlingshafte Flora sein oder auch am letzten Wochenende die Lübecker Buchmachermesse. Mit 31 teilnehmenden Verlagen war die längst flügge gewordene Indie-Messe so groß und vielseitig wie in keinem der vorangegangenen Jahre. Verlage wie Elif, cass, hochroth oder Schruf & Stipetic gaben 2019 ihr Debüt bei den Buchmachern und erweiterten das Spektrum um Lyrik, japanische und auch osteuropäische Literatur. Auch das ein Verdienst dieser Messe: Man kann jedes Jahr etwas Neues sehen, andere Entdeckungen machen und noch unbekanntes Gelände der deutschen Verlagslandschaft erschließen. Einige der Verlage hatten bereits Bücher norwegischer Autor*innen im Gepäck; die Frankfurter Buchmesse wird in diesem Jahr Norwegen als Gastland begrüßen und wirft ihre Schatten voraus.
Nicht nur die schiere Anzahl der teilnehmenden Buchmacher*innen hat sich vergrößert, die Lesungen und Vorstellungen im Rahmen der Messe nehmen zu. Nach Prix Goncourt Preisträger Eric Vuillard im letzten Jahr (sein neues Buch 14.Juli ist unlängst bei Matthes & Seitz erschienen), lasen am letzten Wochenende u.a. Jan Drees (Sandbergs Liebe) und Anke Stelling (Schäfchen im Trockenen) aus ihren aktuellen Büchern. Drees erzählt in einem beklemmenden Roman von einer toxisch missbräuchlichen Beziehung vor dem Hintergrund des Gaslighting. Stelling siedelt auch ihren aktuellen preisgekrönten Roman – wie schon Bodentiefe Fenster – im Milieu des Prenzlauer Bergs an, das sie schonungslos auf seine eigenen Ausschlussverfahren und Dogmatismen hin seziert. Die Lesungen des Samstags eröffnet Achim Koch mit seinem Roman g.r.a.s., der quasi brandaktuell Fragen des Klimawandels und notwendiger Veränderungen in grenzübergreifendem Setting aufgreift.

Die äußerst durchschnittliche Wetterlage trieb am zweiten Messetag eine ansehnliche Menge Besucher*innen in die Petrikirche. Neben Philipp Laage (Vom Glück zu reisen) und Katja Gehrmann (Stadtbär) war auch die Übersetzerin Gabriele Haefs zugegen und berichtete über ihre Arbeit. Haefs übersetzt aus sechs (!) Sprachen und übertrug auch den gerade erschienen Elling-Roman Echo eines Freundes von Ingvar Ambjørnsen aus dem Norwegischen ins Deutsche. Wie schon 2017 habe ich die Aussteller*innen nach persönlichen Buchempfehlungen gefragt – ob Backlist oder Neuerscheinung spielte dabei keine Rolle. Im Folgenden ein Überblick über die Must Reads, die mir dabei ans Herz gelegt und in die Kamera gehalten wurden – die Links führen jeweils zu mehr Details. Ich bedanke mich ganz herzlich für all die Empfehlungen (und entschuldige mich bei denen, die fotografisch nicht auftauchen, das Besucheraufkommen hat gelegentlich ein Andocken am Stand verhindert)! Auf die Buchmacher 2020!
Dinçer Güçyeter (Elif) empfiehlt “Die Muße der Mäuse” von Uwe-Michael GutzschhahnStefan Weidle (Weidle) empfiehlt “Weiter als der Himmel” von Pippa Goldschmidt

Sebastian Guggolz (Guggolz) empfiehlt “Die Nacht der Seelen” von Karl Ristikivi Silvio Mohr-Schaaff (Büchergilde) empfiehlt “Milch und Kohle” von Ralph Rothmann
Günther Butkus (Pendragon) empfiehlt “Libertys Lächeln” von Andreas Kollender Zoe Beck (Culturbooks) empfiehlt “Was es bedeutet, wenn ein Mann aus dem Himmel fällt” von Lesley Arimah

Joachim von Zepelin (Secession) empfiehlt “Die Entfernung, die uns trennt” von Renato Cisneros Benjamin Vieth (Matthes & Seitz) empfiehlt “Europas Zukunft” von Jean François Billeter
Silke Weniger (edition fünf) empfiehlt “Was helfen könnte” von
Mona HøvringGudrun Fröba (transit) empfiehlt “Mir die Welt geweitet” von Hannah Höch

Kristine Listau (Verbrecher) empfiehlt “Coming Of Karlo” von Lisa Kränzler Lilli Anlauf (kunstanst!fter) empfiehlt “Die stramme Helene” von Steffen Burkhardt
Monika Bilstein (Peter Hammer) empfiehlt “33 Bogen und ein Teehaus” von Mehrnousch Zaeri-Esfahani Katja Cassing (cass) empfiehlt “Die Rache” von Shugoro Yamamoto

Jurica Pavičić
Claudia Sandu (Wallstein) empfiehlt “Gelenke des Lichts” von Emanuel Maeß Sabine Fecke (Klöpfer & Meyer) empfiehlt “Wiedersehen” von Joachim Zelter
Robin Schmerer (weissbooks) empfiehlt “Und andere Formen menschlichen Versagens” von Lennardt Loß Achim Wagner (Autor, hochroth) empfiehlt “zwischen grün und halb sechs“


Disclaimer: Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit der Lübecker Petrikirche.