Alle Artikel mit dem Schlagwort: david wagner

Kurz & knapp, Teil 3/19.

Es ist ein Irrglaube, dass soziale Medien und neue Technologien den Extremismus erst hervorbrächten, der allenthalben auf ihnen zu sehen ist. Nichtsdestotrotz fungieren sie als Katalysatoren für Fundamentalisten, beschleunigen Radikalisierungsprozesse, geben Instrumentarium an die Hand, das es noch vor zwanzig Jahren in dieser Form nicht gab. Obwohl Fundamentalisten, ob am rechten Rand oder im islamistischen Milieu, eine rückwärtsgewandte Ideologie vertreten, machen sie sich modernste Techniken zunutze, um sie zu verbreiten. Julia Ebner (die bereits mit Wut ein Buch über die Funktionsmechanismen extremistischer Propaganda geschrieben hat) liefert in Radikalisierungsmaschinen einen Einblick in verschiedene Gruppierungen: Identitäre und die Neue Rechte, Antifeministinnen, Dschihadisten, militante Männerrechtler, ein Datingportal ausschließlich für Weiße. Sie untersucht, wie deren Medien- und Mobilisierungsstrategien funktionieren und demaskiert damit nicht nur innere Widersprüche, sondern auch interne Strategien. So gibt die Alt-Right rund um die Demonstrationen in Charlottesville die Anweisung heraus, Anhänger geringerer Attraktivität sollten lieber zuhause bleiben. Nazis sind heute adrett und gutaussehend. Wer das nicht ausstrahlt, gefährdet den Erfolg der Gruppe. Ebner macht deutlich, dass extremistische Gruppen mittels modernster Technologien den Diskurs bestimmen, obwohl sie …

David Wagner – Sich verlieben hilft

Wenn man gerade keine Menschen zum Verlieben findet, gibt es reichlich Alternativen. Im jüngst erschienenen Essayband von David Wagner, u.a. Preisträger der Leipziger Buchmesse 2013, werden schlaglichtartig Bücher und Serien besprochen, die einen Blick lohnen. Und obendrein erfahren wir von dem herrlichen Vorgang des Enteselns, den man am besten mit der richtigen Literatur in Gang setzt. Es dürfte nicht vielen passieren, dass sie am Morgen erwachen und denken: “Heute muss ich anfangen, Auf der Suche nach der verlorenen Zeit zu lesen.” David Wagner ist es passiert. Und er hat den Gedanken nicht zu einer bloßen Absichtserklärung erstarren, sondern umgehend Taten – heißt: einen Gang in die Buchhandlung – folgen lassen. Proust animiert ihn schließlich, nicht nur annehmbar, sondern anwendbar Französisch zu lernen. Wagner “serendipitiert” (Serendipität: zufälliger Fund von etwas nicht Gesuchtem, das sich als neue Entdeckung erweist) durch Blogs, Zeitungen, online und offline, stößt in einem unendlichen Geflecht aus Informationen immer wieder auf neue Lektüre. Er lässt sich treiben, beraten und beschenken. Liest Roberto Bolaño, Nicholson Baker, Teju Cole, Alexandre Dumas, Raija Siekkinen, Emmanuel Carrère. …