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Gérard Otremba – Die geheimen Aufzeichnungen des Buchhändlers

9783929232721

Gérard Otremba entnimmt seine herrlichen Anekdoten dem Arbeitsalltag einer großen Frankfurter Buchhandlung, in der er tätig ist. In zwei Kladden hat er über längere Zeit witzige bis absurde Begegnungen zwischen Kunde und Verkäufer zusammengetragen, die er in diesem kleinen Heftchen (39 Seiten) und dessen Nachfolger Ein weiterer Tag im Leben des Buchhändlers präsentiert.

Dieses Heftchen ist eine Besonderheit, die ich der lesenden Bevölkerung, insbesondere denen, die irgendwie beruflich mit dem Buchhandel verbandelt sind, nicht vorenthalten möchte, denn es ist einfach urkomisch und dabei überraschend authentisch. Wer sich schon immer einmal fragte, wie es wohl ist, in einer Buchhandlung zu arbeiten, der wird mit Gérard Otremba einen Einblick gewinnen, der ihm hoffentlich das nächste Mal ein bisschen Warmherzigkeit und Verständnis gegenüber seinem Buchhändler abnötigt. Ich habe bei der Lektüre merhfach schallend gelacht und war hin und wieder nahezu schockiert von … dem, was manche Kunden so fragen. Aber spätestens, nachdem mich ein Kunde fragte: ‘Ich suche das Buch ‘Der Hundertjährige, der aus dem Fenster sprang und starb’, können Sie mir da helfen? habe ich keinerlei Zweifel mehr daran, dass Otremba hier vollkommen wahre Begebenheiten aufzeichnet!

Die Klassiker der Weltliteratur, mittlerweile zu Schullektüren degradiert, erleben durch die geistige Unreife diverser Schüler/innen eine wahre Hochkonjunktur. Und so entstehen moderne Buchhandelsklassiker mit einem der wohl bekanntesten Titel im deutschsprachigen Buchhandelsraum: “Von Rudolf Hess: Nazis in Dortmund.” Armer Hermann Hesse. Wenn er um derlei Komplikationen gewusst hätte, vielleicht wäre Narziss und Goldmund nie entstanden.

Mehr als einmal bin ich in Gelächter ausgebrochen, um danach irgendwie doch betroffen zu sein. Ich habe begonnen, mir auch Notizen zu derlei Verwechslungen zu machen, leider sind bisher noch nicht allzu viele zusammengekommen. Das Buch eines norddeutschen Radiomoderators, Toast mit Ohren, wurde für eine Kundin kurzerhand Toast für die Ohren, es hätte mich brennend interessiert, welchen Zweck das Brot an eben dieser Stelle wohl erfüllt.

“Ich suche den Sündenbock von Dostojewskji.” Den haben wir längst gefunden. Es ist der dämliche Buchhändler, der selbstverständlich nicht in der Lage ist, diesen Titel in seinem schlauen Computer zu finden, weil unter ‘Dostojewskji’ noch immer nur Schuld und Sühne zu finden ist. Aber dann schmerzt es doch, zu hören: “Haben Sie von Dostojewskji: Die Brüder Casanova?” Ein Casanova in der Weltliteratur reicht ganz und gar aus. In seinen Memoiren kann man sein Treiben lesen, aber Dostojewskji hat es ganz sicher nicht niedergeschrieben. Und den “Herr der Ringe von Tolstoi” durfte sich eine andere Kundin auch gleich abschminken, genauso wie “Die Weihnachtsgeschichte von Charles Darwin.”

Es ist ein durch und durch kurzweiliges Vergnügen, mehrmals habe ich diese kleinen Buchhändleranekdoten schon verschenkt und im Gespräch mit anderen Buchhändlern auch schon die ein oder andere nahezu unglaubwürdige Geschichte aufgegriffen. Sowas wie die Nachfrage: Ich suche das Buch von Max Frisch mit dem Schwulen. Es hat die betroffene Buchhändlerin einige Sekunden Zeit gekostet, zu entschlüsseln, dass es sich bei dem gewünschten Titel um Homo Faber handelt. Genauso, wie sie eine Kundin bitter enttäuschen musste, die sich wünschte, Ernest Hemingway würde doch mal was Neues schreiben.

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