Alle Artikel mit dem Schlagwort: literatur

Verlosung: Mein Deutschbuch

Als ich im letzten Jahr gefragt wurde, ob ich Lust hätte, an einem Cornelsen-Buchprojekt teilzunehmen, das sich mit der Liebe zur deutschen Sprache beschäftigt, musste ich nicht so lange überlegen. Sprache ist mein Werkzeug, Sprache ist mein Hobby und geschriebene Sprache ist oft mein Notausgang. Einige Monate sind seit dieser ursprünglichen Anfrage nun vergangen, mittlerweile ist das Buch fertig. Weniger als klassisches Schulbuch konzipiert, sondern mehr als Einblick in die Vielfalt der Auseinandersetzung mit Sprache. Was lässt sich mit Sprache alles machen? Neben mir werden der Poetry Slammer Philipp Herold und die Indieband Treptow in diesem Buch ausführlich porträtiert. Wir alle haben eine Leidenschaft für Sprache und wir nutzen sie in ganz unterschiedlicher Weise. Für Wortkunst, Musik, Literaturbetrachtung. Das Buch enthält ein ausführliches Porträt jedes Protagonisten – sehr wertschätzend und pointiert geschrieben von Harald Willenbrock -, Fotos, Texte der Porträtierten (in meinem Fall Rezensionen zu Clemens Setz, Andrea Gerk und Richard McGuire) und Antworten auf drängende Fragen. Was an der deutschen Sprache toll ist, wie ein Deutschunterricht aussehen müsste, der Spaß macht, welche Worte der …

“Frauenromane” oder: eine Konstruktion

Heute ist #Weltfrauentag. Der Tag, an dem landauf, landab die Frauenschaft gelobt wird. An dem Versprechungen gemacht werden, Frauen “auf Händen zu tragen” und sie “zu verwöhnen”, ihnen also kurzfristig eine besondere Behandlung zukommen zu lassen, um die sie nicht gebeten haben. Hauptsächlich, um den Rest der Zeit wieder Ruhe zu haben vor unangenehmeren Forderungen, die politische Konsequenzen und vertiefende Debatten bedeuten könnten. Ein Thema kommt im Dunstkreis dieses Tages immer wieder auf: sind Bücher von Frauen in den privaten Bücherregalen der Republik unterrepräsentiert? Und wenn ja, warum? Eigentlich, sagt man sich, ist es ja egal, ob Bücher von Männern oder Frauen geschrieben werden; Hauptsache, sie sind mitreißend, klug und lesenswert. Im Mittelpunkt steht immer die Geschichte, nicht das Geschlecht des Autors oder der Autorin. Das ist ein legitimer Standpunkt, dem ich nicht widersprechen würde. Als ich heute Morgen jedoch mein Bücherregal nach Autorinnen durchsucht habe, die ich anlässlich des Weltfrauentags empfehlen könnte, stellte ich wieder ein deutliches Übergewicht hin zur männlichen Autorenschaft fest. Nicht, dass ich das bewusst so ausgewählt hätte, über die Jahre …

Auf der Couch nach anderswo: die Fernlese-Onlinebuchhandlung

Vor einigen Monaten stieß ich zufällig auf die Fernlese, eine Online-Buchhandlung für Reiselektüre. Ich war sofort von der Idee begeistert, kleine Bücherbündel passend zu verschiedenen Reisezielen zu schnüren. Für jede Region gibt es das richtige Buch, das einführt in die Fremde. Initiatorin Cindy Ruch studierte Internationale Literaturen und arbeitet seit fünf Jahren als Reisejournalistin, Übersetzerin und Fotografin. Sie wohnt in Berlin, wenn sie nicht gerade die Taschen packt. Reisen und Literatur bedeuten ihr viel, die Fernlese ist also die Verschmelzung zweier Leidenschaften. “Fernlesen”, schreibt Cindy in ihrer Einleitung zum Fernlesen, “geschieht, wie jede Reise und jeder Urlaub, in drei Schritten: Vorfreude, Dortsein und Erinnern. Fernlesen kann eine Endlosschleife sein.” Weil ich von der Idee so entzückt bin, habe ich Cindy ein paar Fragen zu ihrem – hoffentlich bald noch viel bekannteren – Projekt gestellt. Wie ist das Projekt der Fernlese entstanden? Als ich nach Australien ging, hatte ich Bruce Chatwins „Traumpfade“ in meinem Rucksack, in Argentinien las ich Julio Cortázars „Rayuela“ und in Barcelona Mercè Rodoredas „Plaça del diamant “ – schon immer versuche ich meine …

Die Angst vor dem Abgrund

Frei nach dem Diktum Nietzsches, wer mit Ungeheuern kämpfe, möge zusehen, dass er nicht selbst zum Ungeheuer wird, gibt es im Literarischen immer wieder Berührungsängste. Viele schrecken zurück vor “Problembüchern”, die offensichtliche Unbilden des Lebens allzu plastisch thematisieren. Ein Plädoyer für den Abgrund. Sie suche ein Buch für ihre Freundin, aber es dürfe nicht um Probleme gehen. Nicht um Beziehungsquerelen, Scheidungen, Krankheit, Tod oder gar Familie: seit Generationen das Epizentrum von Leid und Verderben. Und einem Kind ein Buch schenken, in dem es um Scheidung geht? Undenkbar! Es geht in dem Roman um häusliche Gewalt. Nein, danke. Psychische Krankheit, nein danke. Körperliche Krankheit, nein danke. Tod oder mindestens Vergänglichkeit, lieber nicht. Die ablehnenden Reaktionen im unmittelbaren Beratungsgespräch kommen prompt, im weniger unmittelbaren Rahmen offener Empfehlungsveranstaltungen sind sie verhaltener. Meistens finden sie ihren Ausdruck in höflichem Desinteresse. Es ist tatsächlich als fühlte man sich vom Abgrund des anderen bedroht, als fürchte man, selbst hineinzustürzen oder mindestens gefährlich davon angezogen zu werden. Als sei das Leid des anderen auf eine kaum fassliche Weise ansteckend, kaum, dass man …

Das MAG-Festival in Berlin

Wer sich bisher desöfteren dachte: so Wasserglaslesungen sind ja auch nicht mehr das, was sie mal waren, den erwartet am 24.06. in Berlin ein famoses Kontrastprogramm zur branchenüblichen Frontallese. Das MAG ist ein äußerst umtriebiges Sprachrohr für junge niederländische Literatur. Es begann 2011 mit einem vierteljährlich erscheinenden Magazin, mittlerweile gehören zum Dunstkreis MAG neben dem nach wie vor publizierten Magazin (Auflage: 6000) auch Festivals, Sommercamps für den schriftstellernden Nachwuchs und ein erfolgreicher Verlag. In diesem Monat wird erstmals eine internationale englischsprachige Ausgabe des MAGs erscheinen; und dank der Zusammenarbeit mit dem kürzlich aus Amsterdam zurückgekehrten mairisch Verlag, der auch offiziell als Partner für dieses fantastische Festival in Erscheinung tritt, auch eine deutschsprachige! Was hat man sich nun aber unter diesem MAG-Festival vorzustellen? Vereinfacht gesagt handelt es sich um einen größeren Lesekreis mit deutsch-niederländischer Autorenbeteiligung. Auf der Website von Das MAG kann man bis zum 20. Mai eine Karte ordern – unter der Voraussetzung, dass man sich für einen Leseclub, heißt: ein Buch, entscheidet. 12 Bücher bzw. Autoren stehen zur Auswahl. Aus Deutschland bzw. Österreich sind …

5 empfehlenswerte Literaturpodcasts

© Kristina Litvjak Es gibt nicht allzu viele Podcasts über Literatur – fast bekäme man selbst Lust, einen zu machen. Nicht allzu viele jedenfalls, die nicht äußerst getragen und angestaubt daherkommen. Nicht viele, bei denen einem, trotz allen Interesses, die Augenlider gen Boden absacken. Ich habe – gleichsam zur Widerlegung dieser ersten Wahrnehmung – ein paar Podcasts herausgesucht, sowohl von professionellen Radiomachern wie auch von Bloggern und Journalisten, die sich anzuhören lohnen. Mit einem Klick auf den Screenshot gelangt ihr auf die jeweiligen Seiten und könnt loshören. Durch die Gegend Jaja, ich weiß. Christian Möllers Podcast Durch die Gegend (@durchdiegegend) ist kein klassischer Literaturpodcast, in dem Neuerscheinungen mit dem präzisen Interpretationsbesteck eines Kritikers besprochen werden. Es geht nicht um einzelne Titel. Aber mit Judith Holofernes, Kirsten Fuchs, Peter Wawerzinek und Eric Jarosinski hat sich Möller in den letzten Folgen Gäste ausgesucht, die auch im Literaturbetrieb zuhause sind. Seit kurzem oder erst länger – spielt keine Rolle. Mit seinen Gästen jedenfalls läuft er ganz wortwörtlich durch die Gegend und spricht über Kultur, Literatur, Musik, Philosophie. Ganz …

Annika Reich über piqd-Literatenfunk

Diskussionen über den Journalismus der Zukunft gibt es immer wieder. Nicht nur über das Printsterben, sondern auch über sein Fortbestehen im digitalen Zeitalter und eine adäquate Übersetzung von Qualitätsjournalismus ins Netz. Dem einzelnen Menschen steht eine unüberschaubare Fülle an Informationen zu jedem erdenklichen Thema auf einen Klick zur Verfügung. Es wird immer schwieriger, den Überblick zu behalten. In Reaktion darauf entstehen Alternativprojekte wie z.B Perspective Daily oder eben piqd. Man könnte meinen, dass es einfacher wäre, sich eine Meinung zu bilden, wenn viele Informationen zu einem Sachverhalt vorliegen. Das mag nicht grundfalsch sein, häufig genug sorgt es aber viel eher für gefährliches Halbwissen denn für Durchblick. Wir wissen von allem ein bisschen, kennen viele Einzelmeldungen, aber keine Zusammenhänge. Nie war es einfacher, an Informationen zu gelangen und selten war es komfortabler, die eigene Filterblase für den Nabel der Welt zu halten. Wer seine Meinung bestätigt finden möchte, der braucht in aller Regel nur wenige Minuten, um im Netz irgendwo für jede kruse These eine vermeintliche Bestätigung zu finden. Wie aber gelingt der Schritt aus der …

Megapixel Hildesheim: Aus Bild wird Sprache

Wie erzählt es sich eigentlich in diesen Tagen? In Zeiten, in denen alles offenliegt, niemand etwas zu verbergen hat und der, der doch ein Stückchen Welt nur für sich reklamiert, unweigerlich verdächtig erscheint? Sharing is caring, schrieb Dave Eggers in seinem vielbesprochenen und auch leidenschaftlich verrissenen Roman ,The Circle’. Die Anforderungen an uns haben sich durch die Transparenzgesellschaft, in der wir leben, in den letzten Jahren gewandelt. Sie beeinflusst viele Bereiche unseres Lebens, – aber können sie auch das Schreiben beeinflussen? Das Medienkunstprojekt ,MEGAPIXEL Hildesheim‘ versuchte, die Transparenz auf eine ganz besondere Art der Literatur dienlich zu machen, Bedingungen des Schreibens auszuloten und neue Kreativprozesse anzustoßen. Fraglos ist Hildesheim, als eine Wiege und ein Nest deutscher Gegenwartsliteratur, ein idealer Ort für solche Ambitionen. Drei Hildesheimer wurden in einem Bewerbungsverfahren ausgewählt, mit ihrem Tagesablauf gleichsam den Nährboden für die Erzählungen von Lucy Fricke, Heinz Helle und Jakob Nolte zu bieten. Sie wurden für vierundzwanzig Stunden mit einer kleinen portablen Minikamera ausgestattet, die alle dreißig Sekunden eigenständig ein Bild knipst. Entlang dieser Bilder entstanden drei ganz verschiedene …

Banal. Trivial. Egal.

© Berliner Büchertisch, Quelle: Flickr Wie wir reden, wenn wir über Literatur reden Nachdem die durch manch namenloses Dörfchen getriebene Kritikersau langsam erlahmt, gab ein Artikel über die Booktuberin Sara Bow unlängst erneut Anlass zur Diskussion. Jetzt gibt es Bissigkeiten innerhalb der Bloggerszene selbst, die Berufskritiker haben Pause. In Blogger – und Kritikerkreisen warf die 21-jährige Sara, die hauptberuflich im Mode – und Beautyblogging zuhause ist, aber sich mit dem telegenen Bücherloben ein Zubrot von rund 800 € monatlich verdient, Grundsatzfragen auf: Wie wollen wir eigentlich über Literatur sprechen? So, wie Sara, einfach aus dem Bauch heraus und ins Blaue hinein? Während manche Blogger kritische Worte für das weitgehend unbegründete Schwärmen der Vloggerin fanden (hier Thomas Brasch in seinem Artikel “Sara! Mir grauts vor dir!”), machten sich andere deutlich für das Buch und seine Empfehlung stark, in welcher Form sie auch erfolgen mag. (z.B. Nina Merks aka Frau Hauptsachebunt in ihrem Artikel “Lest doch was ihr wollt!“) Nun gibt es freilich zwischem dem deutlich artikulierten Grauen und einer weitgehend anspruchlosen Empfehlungskultur viele Grautöne, die bei …

Literarischer Saloon

© Illustration von Jörg Hülsmann, aus “Das Papierhaus” “Wir müssen über Bücher reden.” Über Bücher streiten sollte man hin und wieder. Ich will jetzt dazu einladen, zum Hauen und Stechen mit und ohne Tässchen Kaffee. Die Literaturkritikdebatte ist (wieder einmal) in vollem Gange, der Bachmannpreis in Klagenfurt ist vorüber. Viel wurde diskuiert, Motive wurden gesucht. Es wurden Textkörper mit Taschenlampen durchleuchtet und schiefe Metaphern nicht vor dem Einsturz bewahrt. Es wird vielfach, womöglich auch völlig zu Recht, moniert, dass das Gespräch über Literatur im und auch abseits des Feuilletons zu wenig partizipativ ist. Und überhaupt zuviel gelobt wird! Es werden vielmehr Meinungen ausgestellt und hingestellt. Das soll an dieser Stelle auch keineswegs in Grund und Boden geredet werden, schließlich leisten diese Meinungen, so sie fundiert begründet werden, einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Orientierung. Ich möchte nun aber mal etwas anderes anstoßen, das mir in den Kopf schoss. Für jungfräulich-unbefleckte Kopfgeburten ist ein Blog natürlich immer die beste Spielwiese. Ins Rollen gebracht wurde der gedankliche Stein des Anstoßes von Sarah, Buchhändlerin und Betreiberin des Blogs …