Alle Artikel mit dem Schlagwort: kunstmann verlag

Tim Parks – Worüber wir sprechen, wenn wir über Bücher sprechen

Bücher über Bücher gibt es viele. Sie handeln von der heilsamen Wirkung der Literatur (Lesen als Medizin, Die Romantherapie) oder frischen unsere Kenntnisse der Weltliteratur auf. Sie alle behandeln die überzeitlichen Vorteile des Lesens, die Kulturtechnik, das Buch als bewahrenswerte Erfindung. Tim Parks wiederum nimmt sich in seinen Essays ganz aktuelle Themen in Zusammenhang mit Büchern vor. Brauchen wir wirklich Geschichten? Wie steht es mit Ebooks und dem Urheberrecht? Wie verändert der Zwang zur Selbstvermarktung die literarische Arbeit eines Autors? Parks’ Betrachtungen sind anregend, kritisch und unbequem – ein echter Gewinn! Es wird viel romantisiert, wenn es um Bücher geht. Angefangen bei Lobliedern auf Geruch und Haptik über das Beschwören fremder Welten bishin zu nachweisbaren neurologischen Lerneffekten. Schließlich, heißt es, werden im Gehirn beim Lesen des Wortes “laufen” dieselben Areale aktiviert wie wenn wir tatsächlich laufen. Das muss doch was bedeuten! Tim Parks hat da einen deutlich pragmatischeren Standpunkt: Was für ein Unsinn! Als könnte uns das Lesen über Sex oder Gewalt auch nur annähernd auf die Erfahrung ihrer Intensität vorbereiten. Wenn ein Roman aber …

Ivica Djikic – Ich träumte von Elefanten

Ivika Djikic ist ein bosnischer Autor und Journalist. Sein 2003 erschienener Debütroman ,Circus Columbia‘ wurde verfilmt und erzählt die Geschichte eines jungen Bosniers, der nach dem Ende kommunistischer Führung in seine kleine Heimatstadt zurückkehrt und sich, kurz vor Ausbruch der Balkankriege, in dieser neuen Gesellschaft nicht zurechtfinden kann. ,Ich träumte von Elefanten’, erschienen in der Übersetzung von Patrik Alac im Kunstmann Verlag, widmet sich nun der Zeit nach dem Krieg, – und mit ihr einer familiären Tragödie und einem zerfallen(d)en Land. Ich hatte ihr nicht alles erzählt, was ich wusste, aber genug, um alle von ihren Sesseln aufspringen zu lassen. Ich erwähnte nicht viele Namen. Ich sprach über einige unserer Morde. Über die Kriterien, nach denen die Leute ausgewählt wurden, und über die Methoden, mit denen wir die Serben töteten. Über nächtelange Folter. Die Zeitung veröffentlichte alles, alles was ich gesagt, das heißt, alles, was Nada aufgeschrieben hatte. Das ganze Land hörte wieder von mir, überall fanden sich Fotos von mir. Kurz danach werden viele Kroaten wieder von dem Mann hören, der sich einer Journalistin …

Kathrin Aehnlich – Wenn die Wale an Land gehen

Kathrin Aehnlich ist eine deutsche Autorin. Sie studierte 1985-1988 am deutschen Literaturinstitut Leipzig, nachdem sie drei Jahre in einem Baubetrieb gearbeitet hatte. Nach dem Fall der Mauer schrieb sie als freie Journalistin für eine unabhängige Wochenzeitung, seit 1992 ist sie beim MDR beschäftigt. Ihr letzter Roman ,Alle sterben, auch die Löffelstöre‘ gilt heute als beliebte Schullektüre. ,Wenn die Wale an Land gehen‘ erschien kürzlich im Kunstmann Verlag. Bücher über die DDR gibt es viele. Sie reichen von der Schilderung eher amüsanter Alltagsanekdoten mit MuFuTi (Multifunktionstisch) bishin zu authentischen und schwerverdaulichen Berichten über das Leben im Überwachungsstaat. Kathrin Aehnlich gelingt in ihrem Roman die Verqickung beider Betrachtungsweisen, was ihn diesen Herbst ohne Frage zu einem der ganz Großen macht. Nicht zuletzt weiß Kathrin Aehnlich ganz genau, wovon sie redet, wenn wir Roswitha, die Protagonistin ihres Buches, kennenlernen. Ich befinde mich auf einer Scheidungsreise? Was war eigentlich das Gegenteil von Honeymoon? “The dark side of the moon?” Roswitha ist auf dem Weg nach Amerika, frisch geschieden von ihrem Mann Wladimir. (nur mit Mühe und vielen Diskussionen konnte …

Björn Bicker – Was wir erben

Björn Bicker ist ein deutscher Autor. Er studierte Literaturwissenschaft, Philosophie und Allgemeine Rhetorik in Tübingen und Wien und arbeitete als Dramaturgieassistent und Dramaturg am Wiener Burgtheater und den Münchner Kammerspielen. Er schreibt Theaterstücke, Essays und Hörspiele. Bereits 2009 veröffentlichte er ,Illegal – wir sind viele. Wir sind da‘, eine Schrift über das Leben illegaler Einwanderer in Deutschland. Was wir erben, ebenso wie Illegal, ist im im Kunstmann Verlag erschienen. Wir alle stellen uns früher oder später die Frage, woher wir kommen. Inwiefern unsere Vergangenheit und die Menschen, denen wir begegnet sind, uns beeinflusst haben. Wir fragen uns, was wir erben, von unseren Eltern, unseren Großeltern, dem Umfeld, in dem wir aufgewachsen sind und das für uns lange Zeit den wichtigsten Bezugspunkt unseres Lebens dargestellt hat. Was aber ist, wenn wir diesen Bezugspunkt um jeden Preis vergessen, unsere Vergangenheit am liebsten von uns entkoppeln würden? Theaterschauspielerin Elisabeth führt ein, von außen betrachtet, geordnetes Leben. Mit Holger, einem erfolgreichen Chirurgen, verbringt sie Tage und Nächte, ohne viel über ihre Kindheit und Jugend nachzudenken. Das ändert sich schlagartig, …