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Über Literatur Quickie

Mit ,Einsamkeit des Fliesennobelpreisträgers’ von Dirk Bernemann steht Literatur Quickie gerade auf der Longlist zum Preis für den Ungewöhnlichsten Buchtitel des Jahres 2014. (hier kann noch bis zum 16.02. abgestimmt werden) Die 15.Staffel der Erwachsenenpixis, wie sie immer wieder liebevoll genannt werden, erschien im letzten Jahr pünktlich zur Frankfurter Buchmesse und enthält neben Dirk Bernemanns auch Geschichten von Kathrin Seddig, Elisa Helm, Ulrike Anna Bleier und Gerrit Wustmann. Da war es mal Zeit, mit Lou A. Probsthayn, dem Mann hinter den Quickies, ein paar Worte zu wechseln.

10968279_741812695926594_1086412892_nMit drei Worten kurz beschrieben – was ist Literatur Quickie?

Kurz. Und. Gut.

Literatur Quickie gibt es mittlerweile seit 2009. Wie ist diese Idee entstanden?

Wir haben Rotwein getrunken, ich weiß, so fangen alle schlechten Geschichten an, aber ein befreundeter Illustrator, der mich „es war einmal“ besuchte und meiner Tochter seinen neuesten kleinen Pixi-Bücher, es waren nicht die vom Carlsen Verlag, zu schenken, da ist er dann passiert, dieser Gedanke: Warum es eigentlich nur für unsere Kids diese Bücher gibt – Und wir sind doch auch mit denen groß geworden, sie sind Teil unserer Kind-Kultur, die muss es ergo dann auch für uns geben und dann wurde es immer mehr Rotwein, aber die Idee war geboren.

Muss die Literatur mit der Hektik unserer Zeit mithalten und sich ihr anpassen? Auf eurer Homepage steht: „Wir haben die Literatur an den Alltag der Leser angepasst.“

„Wenn es stimmt, dass der moderne Mensch durch die mediale Dauerbefeuerung, durch die Gewöhnung an kurze Clips und schnelle Schnitte eine immer kürzere Aufmerksamkeitsspanne hat, dann sind die Quickies gewissermaßen die evolutionäre Anpassung der Literatur an den Leser“, das ist eines meiner Lieblingszitate vom Maike Schiller in einem Artikel im Hamburger Abendblatt und in der Quintessenz vermag ich es nicht deutlicher zu formulieren. Dennoch wollen wir das eigentlich nicht, wir haben die Kurzgeschichten, sprich die Literatur Quickies, immer als Stoff zum Anfixen auf die Autoren verstanden, endlich sich mal wieder ein langes Hardcover reinziehen und andere gefährliche Lesesachen, Doping für den Kopf und so.

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Wie kann man sich die Arbeit in der Quickie-Redaktion vorstellen? Da geht ja wahrscheinlich nicht alles so “quick”.

Lesen. Lesen. Lesen. Selten, dass man poetische Perlen findet! Und dann wieder Absagen! Absagen! Absagen! Dabei immer dem Wortwahn verfallen, Jäger des verborgenen Satzes, manchmal auch Kaffee kochen und andere Alltäglichkeiten.

Literatur Quickie ist nebenbei auch Veranstalter der kürzesten Literaturveranstaltungen der Welt. War das von Anfang an geplant oder hat sich das eher im Laufe der Zeit ganz organisch aus dem Konzept entwickelt?

Seit der 235.ten Literatur Quickie Veranstaltung dürfen wir uns nicht mehr die kürzeste Literatur Veranstaltung der Welt nennen. Wir haben das Format geändert, denn inzwischen treten gleich fünf Autoren/innen im „Das Loft“ auf. Nur die 17 Minuten Lesezeit, die sind geblieben. 17 Minuten, länger darf und durfte niemand lesen, auf keinen Fall. Bei der Planung zur Literatur Quickie Lesung sind wir zu dem Schluss gekommen, dass ein normaler Quickie etwa 11 Minuten dauert. Ein Literatur-Quickie sollte etwas länger dauern, trotzdem war das in diesem Rahmen die kürzeste Lesung der Welt! Viele haben den Quickie als Gute-Nacht-Geschichte verstanden und sind nach den siebzehn Minuten gleich gegangen. Dazu muss man natürlich wissen, dass der Literatur Quickie immer am Mittwoch und erst um 22 Uhr 30 statt gefunden hat und das an einem Ort der weit ab von S- und U-Bahnhöfen, auch Bussen, lag, von Parkplätzen will ich gar nicht sprechen, wahrlich keine Infrastruktur für Literatur, dennoch ist der Laden immer voll gewesen.

Ist Literatur grundsätzlich zu spärlich in unseren täglichen Ablauf integriert?

In Zeiten, in denen das Lesen immer weniger eine Selbstverständlichkeit ist – und sich Literatur verstärkt auf dem Marktplatz der Informationen gegenüber vielen, vor allen Dingen neuen Medien behaupten muss, soll und muss die Literatur in neuen Formen Widerstand leisten, vielleicht in einem neuen Gewand, um wieder ein Stück vom Alltag zu werden. Ich glaube, dass der Literatur Quickie eine adäquate Form ist, um diesen Widerstand erfolgreich auszuüben, denn wir sind sozusagen die Literatur, die cool, kurz und mitten in den Kopf einschlägt, wir sind ein wenig facebok, twitter und connsorten drauf, genauso lang- beziehungsweise kurzlebig wie unsere Mitbewerber, wir sind cliperatur und unterwandern damit die neuen Medien.

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Ich lese, ihr findet immer mehr Partner abseits des klassischen Buchhandels. Warum? Ist der Buchhandel da zu wenig experimentierfreudig?

Über den Buchhandel mag ich mich nicht wirklich auslassen, ein Großteil der Indie Verlage ist in diesem überhaupt nicht existent, wir selbst generieren vielleicht 20 % unserer Umsätze darüber, aber in erster Linie überlebt der Literatur Quickie Verlag im Non Book Bereich. Viele Hotels kaufen große Partien unsere Literatur Quickies, um sie ihren Gästen als Gute-Nacht-Geschichten auf die Kopfkissen zu legen. Für Hotels wie das InterContinental oder das Elysee in Hamburg haben wir eigene Editionen entwickelt und verlegt, monatlich haben diese Häuser immer eine neue Story erhalten, dabei mussten die eingeladenen Autoren/Innen in ihren Texten nicht InterContinental oder Elysee sagen oder auch schreiben. Und um den Begriff ‚experimentierfreudig’ aufzugreifen, da sind es die Hotels gewesen, die auch inhaltlich alles zugelassen haben, vom politischen bis hin zum unterhaltsamen Text.

Am Anfang hatten wir noch so etwas wie einen literarischen Scham vor diesen Häusern, wollten nicht zu sehr Werbung und Marketing sein, womöglich unsere Autoren/Innen verkaufen und verramschen – an diese Hotels und andere Partner, mit denen wir noch immer zusammen arbeiten, aber Maike Wetzel hat speziell mich auf den Punkt gebracht: “Der Literatur Quickie ist der einzige Verlag, der es aus dem Stand schafft, 2000 Leser für meine Kurzgeschichte zu finden.“ Seitdem „huren“ wir weiter.

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Wo kann man die Literatur-Quickies kaufen (abgesehen vom Onlineshop!)?

Im Grunde genommen überall, wir sind ganz klassisch aufgestellt, sprich haben die GVA in Göttingen als Verlagsauslieferung, sind bei den wichtigen Barsortimenten gelistet und somit eigentlich überall zu kaufen, wenn der Buchhandel denn mitmachen, mal in den Computer sehen, mal eine Bestellung ausführen, mal dem Kunden einen Wunsch erfüllen, habe ich schon würde eingefügt – auch wenn die Gewinnspanne bei den Literatur Quickies natürlich nicht so hoch ist. Natürlich auch in unserem Onlineshop oder aber, ein Beispiel sei genannt, im Kunst Kiosk in Hamburg.

Das ist die Homepage der Quickies. Dort kann man sie abonnieren und ihnen ein schönes neues Zuhause bieten, mitsamt Kulturbeutel, und neben den Prosa-Quickies auch mal in kleinen Graphic Novels oder Kunst Quickies stöbern. Prädikat: Immer wieder lohnenswert! Schaut mal vorbei.

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