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Isabel Allende – Das Geisterhaus

Isabel Allende ist eine chilenische Schriftstellerin und Journalistin. Sie ist Salvador Allendes Nichte 2.Grades. Sie gründete mit anderen Frauenrechtlerinnen das Magazin Paula, das zum damaligen Zeitpunkt erste feministische Frauenmagazin Chiles. Sie schrieb für die linke Volksfrontregierung ihres Onkels und veröffentlichte humoristische Kolumnen und Kinderzeitungen. 1981 starb Allendes Großvater mit 99 Jahren. Nach seinem Tod schrieb sie ihm einen Brief, der das Grundgerüst zum oben genannten und hier zu besprechenden Buch bildet.

Ich muss sagen, dass ich selbst nicht genau weiß, weshalb ich über dieses Buch schreiben möchte. Selten hat mich ein Stück Literatur gleichzeitig derart beansprucht und geärgert wie Allendes Geisterhaus. Nun müsste ich dazu sagen, dass ich mit der Strömung des magischen Realismus’ in der Literatur wenig anfangen kann und das auch nach dem Geisterhaus durch Márquez bestätigt fand. Aber es ist nicht nur meine Ablehnung südamerikanischer Literatur, die dieses Buch für mich so furchtbar gemacht hat, sondern eine Mischung aus vielen Faktoren, angefangen bei der Charaktergestaltung über die Geschichte selbst bishin zu den stilistischen Elementen.

Ich habe in diesem Werk nicht einen einzigen Charakter gefunden, der für mich wirklich nachvollziehbar und authentisch gewesen wäre, im Gegenteil, ich empfand vieles als überzeichnet oder eben gerade aufgrund seiner Überzeichnung als viel zu blass. Die Charaktere nahmen für mich keine Gestalt an, sie blieben einfach unvollständig, mehr Schablonen als Menschen. Allende erzählt die Geschichte einer chilenischen Familie über mehrere Generationen hinweg. Begonnen mit Familienoberhaupt Esteban Trueba, der ein unverbesserlicher Choleriker und Vergwaltiger ist, über die hellsichtige Clara bishin zu Claras Brüdern, von denen einer ein pflichtbewusster Arzt sein, der andere vollkommen versponnen in einem Heißluftballon Gebirge überfliegen will.

Ich möchte gar nicht alle Absurditäten aufzählen, die mir in diesem Buch begegnet sind.
Clara sucht hochschwanger mit Zwillingen und mithilfe ihrer übersinnlichen Kräfte den Kopf von Nívea del Valle, die bei einem Autounfall enthauptet wurde und legt ihn in eine Lederschachtel im Keller, um den Bürokratieaufwand zu vermeiden, der unweigerlich entstünde, wenn man den Kopf zu den anderen Überresten der Mutter ins Grab legte. Esteban Trueba vergewaltigt reihum Bäuerinnen und droht seiner Frau sogar nach einem Streit, die Vergewaltigungen fortzusetzen, um sie zu ärgern. Es gibt Missbrauch, Abtreibung, Drogensucht. Fast könnte man meinen, Allende habe jedes nur erdenkliche Menschenschicksal in dieses Buch gepresst, um es besonders rührend und mitreißend zu machen. Selbstverständlich kann man dem entgegenhalten, dass die Familie Trueba lediglich exemplarisch für eine ganze Bevölkerung steht, die nach dem Sturz Salvador Allendes viel durchzustehen hat. Aber an derlei Interpretation denkt man nach dem Lesen, nicht währenddessen.

Sei es nun die Vergiftung am Anfang der Geschichte, der Autounfall, Estebans Mutter, die mit verfaulten Beinen im Bett stirbt, die beiden Brüder Nikolas und Jaime, der eine völlig versponnen, der andere so aufopferungsvoll, das er sein eigenes Leben vernachlässigt, Nikolas Freundin, an der Jaime als Praktikant in einem Krankenhaus eine Abtreibung vornimmt, obwohl er bisher nie so einen Eingriff durchgeführt hat, Barrabas der Hund, der mit einem Messer im Rücken vor Claras Hochzeitsgesellschaft verblutet, Amanda, die nach der Abtreibung den Drogen verfällt, Estebans Enkelin, die beinahe missbraucht wurde, Esteban selbst, der seine erste Liebe aus der Erde holt und den Sarg öfnet, obwohl sie seit Jahren tot ist – es ist zuviel.

Die dazugehörigen Gefühle kamen bei mir einfach nicht an, Esteban Trueba habe ich seine empfindsamen Momente aufgrund der wesentlich häufiger auftretenden Zornausbrüche nicht abgenommen. Er zerschlägt regelmäßig das Mobiliar, brüllt, fährt los, ohne zu überlegen, wird gewalttätig gegenüber seiner Frau und seiner Tochter. Es war soviel Elend und Qual, ohne authentisch zu wirken, dass ich die Folterszenen am Ende des Buches beinahe entspannt lesen konnte. Ich war schon vom Rest des Buches abgestumpft, verärgert darüber, wie jemand, der ansonsten doch offensichtlich ein Talent zum Schreiben besitzt, scheinbar so wenig Mühe in seine Charaktere investiert.

Für mich ein Buch, das man nicht gelesen haben muss. Vielleicht wollte ich das einfach nochmal sagen.

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