{"id":8434,"date":"2015-05-10T18:25:35","date_gmt":"2015-05-10T16:25:35","guid":{"rendered":"http:\/\/literatourismus.net\/?p=8434"},"modified":"2015-05-10T18:25:35","modified_gmt":"2015-05-10T16:25:35","slug":"kirsten-fuchs-maedchenmeute","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/literatourismus.net\/2015\/05\/kirsten-fuchs-maedchenmeute\/","title":{"rendered":"Kirsten Fuchs – M\u00e4dchenmeute"},"content":{"rendered":"

Charlottes Mutter will ihrer Tochter einen aufregenden Sommer erm\u00f6glichen und die Ein\u00f6de des gro\u00dfelterlichen Provinzdorfes ersparen. Also meldet sie Charlotte, f\u00fcnfzehn, zu einem Survival Camp f\u00fcr M\u00e4dchen an, das elementare \u00dcberlebensf\u00e4higkeiten in der Natur vermitteln soll. \u00dcberraschend tut es das sogar, doch auf eine ganz andere Art als geplant. Kirsten Fuchs’ Roman ist eine jugendliche Abenteuergeschichte \u00fcber Freundschaft, erste Liebe und Zusammenhalt.<\/strong><\/p>\n

Sie k\u00f6nnten kaum unterschiedlicher sein. Charlotte (die Sch\u00fcchterne), Bea (die geheimnisvolle Rebellin) Yvette (das verw\u00f6hnte M\u00e4dchen), Anuschka (die Sch\u00f6ne), Freigunda (die – nicht nur namentlich – etwas Unkonventionelle), Rike (die Lockere) und Antonia (das Nesth\u00e4kchen). Trotzdem haben sie sich alle mehr oder weniger freiwillig ins Abenteuer ,heimischer Wald’ begeben, um ein Einklang mit der Natur H\u00fctten zu bauen, am Lagerfeuer W\u00fcrstchen zu brutzeln und im Mondlicht Schauergeschichten zu erz\u00e4hlen. Aber als sie mit Campleiterin Inken dort eintreffen, ist alles ganz anders als geplant. Ihr Gep\u00e4ck verschwindet, sie finden Blutspuren an der Wand und auf dem Boden, auf dem kurz zuvor noch ihre Taschen standen. Irgendjemand sperrt sie in die Duschr\u00e4ume ein und dreht die Hauptleitung auf. Survival Expertin Inken verliert angesichts dieser r\u00e4tselhaften Zwischenf\u00e4lle schlie\u00dflich die Nerven. Die M\u00e4dchen wiederum, die nun akut die Angst packt, von einer Verr\u00fcckten zum \u00dcberlebenstraining eingeladen worden zu sein, verlassen in Nacht und Nebel das Camp.<\/p>\n

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Erwachsene waren wie ein Samtvorhang vor einem gruseligen Film. Wenn du einmal hinter diesen Vorhang geschaut hast, bist du fast schon selbst auf der anderen Seite. Dann ist nichts mehr, wie es vorher war. Und wenn du einmal wei\u00dft, dass es nicht stimmt, was sie sagen, dann stimmt gar nichts mehr. Nachdem ich Inken in dieser Pf\u00fctze gesehen hatte, war f\u00fcr mich der ganze Vorhang f\u00fcr immer abgenommen.<\/p>\n<\/blockquote>\n

So sang – und klanglos aber wollen sich die M\u00e4dchen nicht von ihrem Survivaltrip verabschieden. Schlie\u00dflich glauben ihre Eltern sie in den n\u00e4chsten zwei Wochen im Camp und in sicheren H\u00e4nden. Und so entscheiden sie kurzerhand, ihr eigenes \u00dcberlebenstraining zu arrangieren. Mit einem gestohlenen Auto voller Hunde, die sie zu retten glauben, rattern sie auf den Vorschlag von Anuschka ins Erzgebirge und leben dort in einem alten Stollen. G\u00e4nzlich auf sich allein gestellt, muss die ,M\u00e4dchenmeute’ samt Hunden nun sich und ihr t\u00e4gliches Leben organisieren. Nachdem sie im nahegelegenen Dorf erfahren, dass ihr Verschwinden aus dem Camp \u00f6ffentlich und sie genauso wie Campleiterin Inken Gegenstand einer bundesweiten Fahndung geworden sind, entziehen sie sich ganz bewusst weiter der \u00d6ffentlichkeit. Kirsten Fuchs schreibt von waghalsigen, von experimentierwilligen M\u00e4dchen, denen ihre Grenzen zu eng geworden sind. Das geh\u00f6rt freilich zum Standardrepertoire einer jeden anst\u00e4ndig durchlebten Pubert\u00e4t, doch die M\u00e4dchenmeute treibt es weiter. Sie werden durch ihren Freiheitsdrang und ihre vermeintlich rotzfreche Pflichtverweigerung zu Vorbildern. Einfach aussteigen, einfach raus aus der Enge. Das w\u00fcnschen sich viele Teenager.<\/p>\n

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Drau\u00dfen war es doch sch\u00f6n. Ich verstand gar nicht, warum die Menschheit so verr\u00fcckt danach war, in H\u00e4usern zu sein. Schon nach drei Tagen ohne Haus war etwas mit mir geschehen. Etwas Gro\u00dfes. Vielleicht etwas Gr\u00f6\u00dferes als ein Haus, das sich darum nur drau\u00dfen entwickelte. Ich konnte mit der Haut h\u00f6ren und mit dem Hinterkopf sehen.<\/p>\n<\/blockquote>\n

Kirsten Fuchs wei\u00df als eine der beliebtesten Stars deutscher Leseb\u00fchnen ganz genau, wie man Sprache zum Leuchten bringt. Ihre einf\u00fchlsame, poetische und nichtsdestoweniger authentische Sprache tr\u00e4gt diese ungew\u00f6hnliche Geschichte, die ganz wundervoll auf der Grenze zwischen Erwachsenenroman und Jugendbuch umherm\u00e4andert. F\u00fcr beide ist es geschrieben und beide k\u00f6nnten Gefallen daran finden. Die einen, weil sie sich ganz unmittelbar in den Sorgen, N\u00f6ten und Gedanken erkennen. Die anderen, weil sie sich zur\u00fcckerinnern. Kirsten Fuchs’ Stil ist zackig und humorvoll (wie auch viele ihrer B\u00fchnentexte), sieht man von einigen Landschaftsbeschreibungen ab, die hier und da eine Nuance zu ausufernd geraten. Zwar beginnt man sich mit der Lekt\u00fcre des\u00f6fteren zu fragen: Ist eine solche Geschichte denn wirklich wahrscheinlich? Letztlich antwortet man sich selbst aber so etwas wie: Selbst wenn man begr\u00fcndete Zweifel an der Plausibilit\u00e4t einiger Entscheidungen hegen kann – eine stark fiebernde Dreizehnj\u00e4hrige w\u00fcrde ich vielleicht nach wie vor nicht mit Waldkr\u00e4utern und Wadenwickeln behandeln -, bleibt am Ende das Gef\u00fchl, dass ,M\u00e4dchenmeute’ eine Geschichte erz\u00e4hlt, wie sie viele gern erlebt h\u00e4tten. Eine Art idealisiertes Sommerabenteuer auf der rasanten Fahrt in ein Erwachsenenleben, das so etwas nicht mehr ohne Weiteres erm\u00f6glicht!<\/p>\n

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Man sollte sein Herz nicht an eine Idee h\u00e4ngen. Wei\u00dft du, warum? Weil die Idee kein Herz hat.<\/p>\n<\/blockquote>\n

Kirsten Fuchs: M\u00e4dchenmeute, Rowohlt Berlin<\/a>, 464 Seiten, 9783871347641, 19,95 \u20ac<\/span><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Charlottes Mutter will ihrer Tochter einen aufregenden Sommer erm\u00f6glichen und die Ein\u00f6de des gro\u00dfelterlichen Provinzdorfes ersparen. Also meldet sie Charlotte, f\u00fcnfzehn, zu einem Survival Camp f\u00fcr M\u00e4dchen an, das elementare \u00dcberlebensf\u00e4higkeiten in der Natur vermitteln soll. \u00dcberraschend tut es das sogar, doch auf eine ganz andere Art als geplant. Kirsten Fuchs’ Roman ist eine jugendliche Abenteuergeschichte \u00fcber Freundschaft, erste Liebe und Zusammenhalt. Sie k\u00f6nnten kaum unterschiedlicher sein. Charlotte (die Sch\u00fcchterne), Bea (die geheimnisvolle Rebellin) Yvette (das verw\u00f6hnte M\u00e4dchen), Anuschka (die Sch\u00f6ne), Freigunda (die – nicht nur namentlich – etwas Unkonventionelle), Rike (die Lockere) und Antonia (das Nesth\u00e4kchen). Trotzdem haben sie sich alle mehr oder weniger freiwillig ins Abenteuer ,heimischer Wald’ begeben, um ein Einklang mit der Natur H\u00fctten zu bauen, am Lagerfeuer W\u00fcrstchen zu brutzeln und im Mondlicht Schauergeschichten zu erz\u00e4hlen. Aber als sie mit Campleiterin Inken dort eintreffen, ist alles ganz anders als geplant. Ihr Gep\u00e4ck verschwindet, sie finden Blutspuren an der Wand und auf dem Boden, auf dem kurz zuvor noch ihre Taschen standen. Irgendjemand sperrt sie in die Duschr\u00e4ume ein und dreht …<\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":8438,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":[],"categories":[16,839],"tags":[1979,1980,1464],"jetpack_featured_media_url":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-content\/uploads\/2015\/05\/m\u00e4dchenmeute2.jpg","_links":{"self":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/8434"}],"collection":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=8434"}],"version-history":[{"count":2,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/8434\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":8437,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/8434\/revisions\/8437"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/media\/8438"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=8434"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=8434"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=8434"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}