Das Thema ,Flucht und Fl\u00fcchtige’ ist seit einiger Zeit, besonders jedoch nach den j\u00fcngsten Ungl\u00fccken im Mittelmeer<\/a>, in aller Munde. Welche \u00c4nderungen muss unsere Fl\u00fcchtlings – und Asylpolitik erfahren, damit sich Menschen nicht mehr einem derartigen Risiko aussetzen m\u00fcssen? Nehmen wir zu viele Fl\u00fcchtlinge auf? Wie kann man helfen? Trotz vieler Fragen und vorschnellen Meinungen bleibt dieses Thema f\u00fcr so manchen ein abstraktes. Schlie\u00dflich k\u00f6nnen wir uns gl\u00fccklicherweise eine solche Notlage oft nicht vorstellen. Mit ,Mein Akku ist gleich leer’ \u00e4ndert sich das – denn der Fl\u00fcchtling, um den es geht, bekommt ein Gesicht.<\/strong><\/p>\n Faiz, Student der englischen Literatur, hat das im Norden Syriens gelegene Aleppo durchaus nicht aus wirtschaftlichen Gr\u00fcnden verlassen. 2011 schloss er sich der syrischen Protestbewegung<\/a> gegen staatlich legitimierte Gewalt und Unterdr\u00fcckung an. Er dokumentierte damals Repressionen gegen Aktivisten und gr\u00fcndete gemeinsam mit ihnen ein Zentrum f\u00fcr Zivilgesellschaft. Au\u00dferdem half er, einen Sendemast f\u00fcr unabh\u00e4ngiges Radio – und damit f\u00fcr freie, nicht von staatlicher Seite \u00fcberwachte Informationsverbreitung – zu betreiben. Anfang 2014 jedoch \u00fcbernahm der IS die Kontrolle in der Region und drohte Faiz aufgrund seines zivilgesellschaftlichen Engagements mit der Enthauptung. Er floh, um sein Leben zu retten, zun\u00e4chst in die T\u00fcrkei, konnte aber auch dort seine Arbeit nicht fortsetzen. Julia Tieke traf Faiz zum ersten Mal in der T\u00fcrkei f\u00fcr ein Syrien-Radiofeature, das die Begegnungen von Radiomachern zwischen Berlin und Aleppo dokumentieren sollte.<\/p>\n Faiz<\/em>: Wir m\u00fcssen Menschen bleiben. Nur das. ,Mein Akku ist gleich leer’ besteht aus den originalen Facebook-Unterhaltungen, die Faiz und Julia miteinander gef\u00fchrt haben, w\u00e4hrend Faiz selbst auf der Flucht war. Es beschreibt auf eindr\u00fcckliche und nahezu unertr\u00e4gliche Weise die Entmenschlichung dieser Fl\u00fcchtlinge, die bei dem Versuch, Grenzen zu \u00fcberqueren, nicht selten verhaftet und inhaftiert werden. Sie m\u00fcssen sich dem\u00fctigenden Befragungen unterziehen, sich rechtfertigen, wie Straft\u00e4ter behandeln lassen. Das, was ansonsten gesichtslos einer anonymen Masse von Menschen zust\u00f6\u00dft, bekommt im Falle von Faiz durch diese Dialoge klare Konturen. Er will Mensch bleiben, w\u00e4hrend alle anderen um ihn herum scheinbar l\u00e4ngst die Menschlichkeit verloren haben. Aber genauso oft zweifelt er auch daran, dass er es \u00fcberhaupt wert ist, aus dieser Situation gerettet zu werden. Immer wieder packt ihn die Mutlosigkeit, die absolute Ersch\u00f6pfung, die nur kennenlernt, wer einmal um sein Leben gelaufen ist. Fast ist er sicher, nach Syrien zur\u00fcckkehren zu m\u00fcssen.<\/p>\n Julia Tieke versucht ihm dabei immer wieder eine St\u00fctze und Hilfe zu sein, sie telefoniert mit Botschaften, bietet an, Geld zu schicken. Und immer wieder: Mein Akku ist gleich leer<\/em>. Da ist die Angst, die Verbindung zueinander zu verlieren, wom\u00f6glich in Unwissenheit dar\u00fcber zu bleiben, was mit Faiz geschieht. Zwar ist die Unterhaltung insgesamt kurz, doch das ist nat\u00fcrlich erstens den Umst\u00e4nden geschuldet, unter denen sie entstanden ist und macht sie zweitens noch wesentlich eindr\u00fccklicher. Es geht nicht um gro\u00dfe Worte in diesem Fall, es geht um Taten, Menschlichkeit, Zusammenhalt. Auch das illustriert diese Unterhaltung, unweigerlich. Wer mit sich hadert und Schwierigkeiten hat, sich in einen hineinzuversetzen, der in seiner Heimat um Leib und Leben f\u00fcrchten muss, der lese diesen unverf\u00e4lschten Dialog. Hier wird nichts k\u00fcnstlerisch stilisiert, es ist ein zutiefst authentisches und ehrliches Gespr\u00e4ch zwischen Todesangst und Hoffnung. Faiz lebt im Augenblick in Schleswig-Holstein. Lohnenswert und lesenswert, aufr\u00fcttelnd, ehrlich, menschlich!<\/p>\n Auf Lovelybooks findet derzeit eine Leserunde zum Text statt. Hier<\/a> k\u00f6nnt ihr mitmachen.<\/p>\n\n
\nJulia<\/em>: Ja.
\nFaiz<\/em>: In dieser schrecklichen Welt.
\nJulia<\/em>: Du bist ganz sicher ein Mensch!<\/p>\n<\/blockquote>\n