{"id":8112,"date":"2015-03-24T15:12:09","date_gmt":"2015-03-24T13:12:09","guid":{"rendered":"http:\/\/literatourismus.net\/?p=8112"},"modified":"2015-03-24T16:29:59","modified_gmt":"2015-03-24T14:29:59","slug":"margit-moessmer-die-sprachlosigkeit-der-fische","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/literatourismus.net\/2015\/03\/margit-moessmer-die-sprachlosigkeit-der-fische\/","title":{"rendered":"Margit M\u00f6ssmer – Die Sprachlosigkeit der Fische"},"content":{"rendered":"

Gerda ist \u00fcberall und nirgends. Sie streift durch London, Istanbul, New York, Madrid und Paris. Sie heilt einen vermeintlich alzheimerkranken Hahn, ist B\u00fcrgermeisterin in Catania und verkauft im Foyer des Belle Pigalle Karten f\u00fcr eine mittelm\u00e4\u00dfige Burlesque Show. Margit M\u00f6ssmers Gerda-Fragmente sind v\u00f6llig verr\u00fcckt und abgedreht, irgendwas zwischen M\u00e4rchen und Reisebericht.<\/strong><\/p>\n

Gerda ist eine ungew\u00f6hnliche junge Frau und – so scheint es jedenfalls – \u00fcberall auf der Welt zuhause. Heutzutage ist das Reisen in mehr oder weniger ferne L\u00e4nder freilich kein Luxus mehr oder eine Absonderlichkeit, absonderlich ist aber durchaus, was Gerda mitunter erlebt. Da wird im spanischen Stierkampf ein Torero auf die Spitze eines Kirchturms geschleudert, in dem er fortan lebt. Sie selbst wird von einer Seerose in der Mitte des Bleder Sees auf den Grund gezogen, wo sie zum ersten – aber nicht endg\u00fcltigen – Mal stirbt. Und schlie\u00dflich gerettet wird von einem Mann namens Francesco Albani, der seit Jahren die Zeit damit verbringt, Dinge aus dem Wasser zu ziehen. Ein Hase, der Gerda ohne ihr Zutun gefolgt ist, verdurstet in seinem K\u00e4fig. Gerda selbst entzieht sich jeder n\u00e4heren Betrachtung, sie ist so kaleidoskopisch wie die Geschichten, die sie durchlebt. Da kann einer auch schonmal ein Schloss aus den verschiedensten Kn\u00f6pfen bauen, nur f\u00fcr sie.<\/p>\n

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Am 27.April hatte Gerda bei ihrem t\u00e4glichen Weg vom Kindergarten in der Blackfriars Road zum Haus der Scotts in der Upper Thames Street den K\u00fcnstler und sp\u00e4teren Knopfproduzenten Gilbert Rose kennengelernt.<\/p>\n<\/blockquote>\n

Nahezu jede Gerda-Geschichte erf\u00e4hrt in ,Die Sprachlosigkeit der Fische<\/em>‘ eine ganz besondere Wendung; Margit M\u00f6ssmers Miniaturen reiben sich an der Wirklichkeit und testen ihre Grenzen aus. Nicht jede Geschichte ist dabei nachvollziehbar, manche liest man auch mit dem Beigeschmack, dass etwas Essentielles fehlt, um die Wirkung dieses kurzen Textes zu entfalten. Die meisten Erz\u00e4hlungen rundum Gerda, die als menschlicher roter Faden durch sie hindurchl\u00e4uft, spr\u00fchen jedoch vor Einfallsreichtum und Humor. Sie lesen sich mithin wie kurze m\u00e4rchenhafte Reiseberichte, die einen nicht nur in der Welt herumf\u00fchren, sondern auch in ihren unz\u00e4hligen M\u00f6glichkeiten und Absurdit\u00e4ten. So ist Gerda \u00fcbrigens auch verantwortlich f\u00fcr den Elefant aus Lavagestein, der einen Obelisken balancierend noch heute in Catania auf dem Palazzo Municipale<\/i><\/a> steht. Sie selbst ernannte den Elefanten zum Wahrzeichen der Stadt. Wer keine Freude hat an unerkl\u00e4rlichen Verr\u00fccktheiten, der wird auch mit ,Die Sprachlosigkeit der Fische<\/em>‘ nicht warm werden. Erkl\u00e4rungen gibt es nicht.<\/p>\n

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Gerda lie\u00df Rauch durch ihren nur einen Spalt weit ge\u00f6ffneten Mund fallen, ohne ihm durch aktives Ausatmen eine Richtung vorzugeben. Er floss blauviolett die Glasscheibe entlang und verdeckte f\u00fcr einen Moment Monsieur Huillets Champagnergesicht.<\/p>\n<\/blockquote>\n

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H\u00f6rprobe gelesen von Dorothee Hartinger, \u00a9 ORF \u00d61
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Wie man auch immer mit dem Unerkl\u00e4rlichen umgehen mag – eine Frage, die sich ja nicht nur in der Literatur gelegentlich aufdr\u00e4ngt -; Margit M\u00f6ssmer macht es einem nicht schwer, sich auf ihre Ideen einzulassen. Ihre Sprache, mal pointiert und mal verspielt, liest man gern, man merkt ihnen an, Autorin wie Sprache, dass sie noch mehr k\u00f6nnen, mehr ausprobieren wollen. F\u00fcr’s Erste sind diese wohlformulierten Miniaturen jedenfalls ein sehr charmanter Einstieg! Einige von M\u00f6ssmers Gerda-Geschichten\u00a0 wurden beim \u00d61 Literaturwettbewerb W\u00d6RTER.See 2010 pr\u00e4miert.<\/p>\n

Margit M\u00f6ssmer: Die Sprachlosigkeit der Fische, edition atelier<\/a>, 136 Seiten, 9783903005051, 16,95 \u20ac<\/span><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Gerda ist \u00fcberall und nirgends. Sie streift durch London, Istanbul, New York, Madrid und Paris. Sie heilt einen vermeintlich alzheimerkranken Hahn, ist B\u00fcrgermeisterin in Catania und verkauft im Foyer des Belle Pigalle Karten f\u00fcr eine mittelm\u00e4\u00dfige Burlesque Show. Margit M\u00f6ssmers Gerda-Fragmente sind v\u00f6llig verr\u00fcckt und abgedreht, irgendwas zwischen M\u00e4rchen und Reisebericht. Gerda ist eine ungew\u00f6hnliche junge Frau und – so scheint es jedenfalls – \u00fcberall auf der Welt zuhause. Heutzutage ist das Reisen in mehr oder weniger ferne L\u00e4nder freilich kein Luxus mehr oder eine Absonderlichkeit, absonderlich ist aber durchaus, was Gerda mitunter erlebt. Da wird im spanischen Stierkampf ein Torero auf die Spitze eines Kirchturms geschleudert, in dem er fortan lebt. Sie selbst wird von einer Seerose in der Mitte des Bleder Sees auf den Grund gezogen, wo sie zum ersten – aber nicht endg\u00fcltigen – Mal stirbt. Und schlie\u00dflich gerettet wird von einem Mann namens Francesco Albani, der seit Jahren die Zeit damit verbringt, Dinge aus dem Wasser zu ziehen. Ein Hase, der Gerda ohne ihr Zutun gefolgt ist, verdurstet in seinem K\u00e4fig. …<\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":8123,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":[],"categories":[16,839],"tags":[1935,1794,1934],"jetpack_featured_media_url":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-content\/uploads\/2015\/03\/m\u00f6ssmer.jpg","_links":{"self":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/8112"}],"collection":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=8112"}],"version-history":[{"count":9,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/8112\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":8128,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/8112\/revisions\/8128"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/media\/8123"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=8112"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=8112"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=8112"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}