{"id":7269,"date":"2014-12-11T14:24:22","date_gmt":"2014-12-11T12:24:22","guid":{"rendered":"http:\/\/literatourismus.net\/?p=7269"},"modified":"2015-02-26T21:54:14","modified_gmt":"2015-02-26T19:54:14","slug":"das-eigene-und-das-fremde","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/literatourismus.net\/2014\/12\/das-eigene-und-das-fremde\/","title":{"rendered":"Das Eigene und das Fremde"},"content":{"rendered":"

Was w\u00e4re, wenn uns die vergessenen und verblassten Widmungen in alten B\u00fcchern mehr erz\u00e4hlen k\u00f6nnten als die Geschichten in ihnen? Einzelg\u00e4ngerin Hanna ist eine unsichtbare J\u00e4gerin nach Worten, die von Menschen in B\u00fcchern zur\u00fcckgelassen wurden. Worte an eine l\u00e4ngst verflossene Liebe, die Eltern, Kinder, Kollegen. Hanna zieht sich in sie zur\u00fcck wie in eine Welt, die nur auf sie gewartet hat.<\/strong><\/p>\n

Die fiktiven Erz\u00e4hlungen eines Autors sind f\u00fcr Hanna uninteressant geworden. Was die junge Frau, Stammgast im Antiquariat und Meisterin des unbemerkten St\u00f6berns, mittlerweile viel mehr interessiert, sind die handschriftlichen Widmungen, die Menschen in den B\u00fcchern hinterlassen haben. Sie analysiert das Geschriebene,malt sich aus, zu welchen Menschen es passen, in welchen Situationen es geschrieben sein k\u00f6nnte. Mal ist es nur ein schlichter Gru\u00df, mal sind es die unsicheren Worte eines Verliebten, der seine Gef\u00fchle nur schwer in Worte fassen kann. Hanna zieht sich in die vermeintlichen Geschichten anderer zur\u00fcck, ihr eigenes Leben beginnt zu stagnieren und nach der Begegnung mit einer mysteri\u00f6sen Frau sogar wilde Bl\u00fcten der Fantasie zu treiben. K\u00f6nnte man sich nicht jedes Leben erfinden, das einem passend erscheint?<\/p>\n

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Wer verkaufte ein Buch, das er von seinem Vater zum Abitur bekommen hatte, wer gab den Lieblingsroman weg von einer, die ihn liebte? Wer schenkte einem anderen Gedichte – hat er sie auch vorgelesen oder hat er sie blo\u00df gekauft und weggegeben, womit seine Rolle schon zu Ende erz\u00e4hlt gewesen w\u00e4re? War es leicht gewesen, sich von dem Buch zu trennen? War der Beschenkte tot oder pleite oder blo\u00df mit jemand anderem gl\u00fccklich? Aus den Fragen wuchsen ganze Geschichten heraus (…)<\/p>\n<\/blockquote>\n

Jana Volkmann befasst sich in ihrer kleinen Erz\u00e4hlung, blo\u00df 44 Seiten ist sie lang, mit der Liebe zu B\u00fcchern, ihrer Kraft im menschlichen Miteinander – denn warum sonst sind sie noch immer ein so beliebtes und mit pers\u00f6nlichen Worten versehenes Geschenk? -und der Bedeutung von kleinen textlichen Hinterlassenschaften. Die Geschichte selbst ist ein Text, doch die Widmung wiederum ist eine ganz andere Erz\u00e4hlung, die f\u00fcr den Leser auch auf ganz anderer Ebene interessant sein und seine Fantasie befl\u00fcgeln kann. Ich erinnere mich beim Lesen schmunzelnd an eine Postkarte, die ich in einem Flohmarktbuch fand. Sie stammte wohl aus einem Urlaub am Meer, darauf vermerkt war: ,F\u00fcr meinen Schatz. Damit du besonders bei den erotischen Stellen an deinen Lieblingscarsten denkst<\/em>.’ Lieblingscarsten schien das wichtig gewesen zu sein und dem Schatz wenigstens so sehr, dass die Karte wohl einige Zeit in einem Buch \u00fcberdauert hat.<\/p>\n

\"fremde<\/a><\/p>\n

,Fremde Worte<\/a>‘ ist eine sch\u00f6ne Geschichte f\u00fcr den kurzen Moment, der literarisch gef\u00fcllt werden m\u00f6chte. Die Erz\u00e4hlung erschien in der Textlicht<\/a>-Reihe der Edition Atelier<\/a>, in der viele kurze Erz\u00e4hlungen junger Autoren das Licht der Welt erblicken. Sie endet etwas abrupt, manch einen Strang w\u00fcnscht man sich entweder l\u00e4nger oder aus der Geschichte, weil man auf diesem engen Raum wenig mit seiner Erw\u00e4hnung anfangen kann. Insgesamt aber ist Jana Volkmanns Erz\u00e4hlung, wie auch die Textlicht-Reihe als solche, ein fantasievoller Fundus an literarischen Snacks und Ideen. F\u00fcr eine l\u00e4ngere Busfahrt, eine kurze Pause von der Arbeit, das Wartezimmer beim Arzt. Und vielleicht sieht der ein oder andere nach dieser Erz\u00e4hlung die Widmungen, die sich in manch einem Buch verbergen, auch mit anderen Augen.<\/p>\n

Jana Volkmann: Fremde Worte, Edition Atelier, 44 Seiten, 9783902498991<\/span>, 7,95 \u20ac<\/span><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Was w\u00e4re, wenn uns die vergessenen und verblassten Widmungen in alten B\u00fcchern mehr erz\u00e4hlen k\u00f6nnten als die Geschichten in ihnen? Einzelg\u00e4ngerin Hanna ist eine unsichtbare J\u00e4gerin nach Worten, die von Menschen in B\u00fcchern zur\u00fcckgelassen wurden. Worte an eine l\u00e4ngst verflossene Liebe, die Eltern, Kinder, Kollegen. Hanna zieht sich in sie zur\u00fcck wie in eine Welt, die nur auf sie gewartet hat. Die fiktiven Erz\u00e4hlungen eines Autors sind f\u00fcr Hanna uninteressant geworden. Was die junge Frau, Stammgast im Antiquariat und Meisterin des unbemerkten St\u00f6berns, mittlerweile viel mehr interessiert, sind die handschriftlichen Widmungen, die Menschen in den B\u00fcchern hinterlassen haben. Sie analysiert das Geschriebene,malt sich aus, zu welchen Menschen es passen, in welchen Situationen es geschrieben sein k\u00f6nnte. Mal ist es nur ein schlichter Gru\u00df, mal sind es die unsicheren Worte eines Verliebten, der seine Gef\u00fchle nur schwer in Worte fassen kann. Hanna zieht sich in die vermeintlichen Geschichten anderer zur\u00fcck, ihr eigenes Leben beginnt zu stagnieren und nach der Begegnung mit einer mysteri\u00f6sen Frau sogar wilde Bl\u00fcten der Fantasie zu treiben. K\u00f6nnte man sich nicht jedes …<\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":7270,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":[],"categories":[1911,16],"tags":[1794,1793],"jetpack_featured_media_url":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-content\/uploads\/2014\/12\/fremde-worte.jpg","_links":{"self":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/7269"}],"collection":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=7269"}],"version-history":[{"count":8,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/7269\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":7842,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/7269\/revisions\/7842"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/media\/7270"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=7269"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=7269"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=7269"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}