{"id":6192,"date":"2014-10-08T08:00:24","date_gmt":"2014-10-08T06:00:24","guid":{"rendered":"http:\/\/literatourismus.net\/?p=6192"},"modified":"2015-02-26T22:01:57","modified_gmt":"2015-02-26T20:01:57","slug":"neil-gaiman-der-ozean-am-ende-der-strasse","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/literatourismus.net\/2014\/10\/neil-gaiman-der-ozean-am-ende-der-strasse\/","title":{"rendered":"Neil Gaiman – Der Ozean am Ende der Stra\u00dfe"},"content":{"rendered":"

Das Erwachsenwerden ist ein schmerzhafter Prozess. Manchmal hinterl\u00e4sst er nur ein gefr\u00e4\u00dfiges Loch im Inneren, das nach immer mehr verlangt. Manchmal wei\u00df man einfach zuviel und sehnt sich zur\u00fcck in eine Zeit, in der der Teich hinter’m Haus ein Ozean war. Neil Gaimans neuer Roman ist eine schaurig-sch\u00f6ne Reminiszenz an die Kindheit.<\/strong><\/p>\n

Ein Mann besucht anl\u00e4sslich der Beerdigung seines Vaters seinen Heimatort. Er ist lange nicht dort gewesen, doch noch immer erinnert er sich an das Haus am Ende der staubigen Landstra\u00dfe. Es ist das Haus von Lettie Hempstock, dem elfj\u00e4hrigen M\u00e4dchen, das in seiner Kindheit eine so pr\u00e4gende Rolle spielte. Lettie wohnte dort gemeinsam mit ihrer Mutter und Gro\u00dfmutter – und war stets etwas eigenwillig. Trotz ihres jungen Alters wirkte sie immer als sei sie schon unermesslich alt. Ganz zu schweigen davon, dass sie immer behauptete, der Teich im Garten sei eigentlich ein Ozean. Wie fremdbestimmt zieht es den Mann wieder zu Lettie Hempstocks Haus und damit in eine ferne Vergangenheit.<\/p>\n

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Ich sah die Erde, auf der ich mich seit meiner Geburt aufgehalten hatte, und ich begriff, wie zerbrechlich sie war – die Realit\u00e4t, die ich kannte, war eine d\u00fcnne Glasur auf einem Geburtstagskuchen, in dem es vor Maden und Alptr\u00e4umen und Hunger nur so wimmelte.<\/p>\n<\/blockquote>\n

Es waren seltsame Zeiten. Zum siebten Geburtstag des Protagonisten mag sich partout niemand zur Feier einfinden, kurz danach taucht ein Opalsch\u00fcrfer auf, ein seltsamer Kerl, der durch einen Unfall die Hauskatze \u00fcberf\u00e4hrt und sich kurz darauf selbst t\u00f6tet. In dieser Situation trifft er zum ersten Mal auf Lettie Hempstock und ist sofort froh, scheinbar trotz des Altersunterschiedes eine Freundin gefunden zu haben. Diese Freundin jedoch f\u00fchrt ihn weit hinter die elterliche Farm in einen gespenstischen Wald, der das Portal zu einer anderen Welt zu sein scheint. Dort lauert ein riesiges Unget\u00fcm, das Lettie zwar tapfer bez\u00e4hmen kann – doch etwas bleibt im Protagonisten zur\u00fcck. Etwas, das ihm kurz darauf eine echte M\u00fcnze in den Mund legt, an der er fast erstickt. Etwas, das ihm Ursula Monkton ins Haus schickt – das vermutlich grausamste und herzloseste Kinderm\u00e4dchen seit Fr\u00e4ulein Rottenmeyer.<\/p>\n

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“Ich erz\u00e4hle dir jetzt etwas Wichtiges. Erwachsene sehen im Inneren auch nicht wie Erwachsene aus. \u00c4u\u00dferlich sind sie gro\u00df und gedankenlos, und sie wissen immer, was sie tun. Im Inneren sehen sie allerdings aus wie fr\u00fcher.”<\/p>\n<\/blockquote>\n

All das h\u00e4ngt auf grausame Weise zusammen und f\u00fchrt sehr verl\u00e4sslich zur Katastrophe. Neil Gaiman erz\u00e4hlt mit diesem Roman eine \u00fcbersinnliche, eine eigentlich ziemlich gruselige Geschichte, die rasch an Spannung gewinnt. Was ganz normal und wenig abseitig beginnt, mausert sich schlie\u00dflich zu einem Buch voller Unerkl\u00e4rlichkeiten und Monstern verschiedenster Couleur. Es geht um Freundschaft, um Vertrauen und auf sehr metaphorische Weise eben auch um das Erwachsenwerden, das vielen Kindern ganz unm\u00f6glich erscheint. Neil Gaiman ist bekannt und beliebt f\u00fcr seine bildhaften Geschichten, die sich nicht auf den ersten Moment erschlie\u00dfen – und das m\u00fcssen sie auch nicht. Haben wir nicht alle als Kinder von Monstern, Hexen und Zauberern gelesen? Vom Unerkl\u00e4rlichen, das die Kindheit ausmacht? Ein bisschen so komponiert auch Neil Gaiman seinen neuen Roman. Wer sich hineinst\u00fcrzen will in ein ganz besonderes Abenteuer, der sollte zu ,Der Ozean am Ende der Stra\u00dfe<\/em>‘ greifen. Eine G\u00e4nsehautgeschichte f\u00fcr Erwachsene!<\/p>\n

Au\u00dferdem bemerkenswert: Die wunderbaren Illustrationen von J\u00fcrgen Speh, die die Stimmung des Romans zeichnerisch einfangen!<\/p>\n

Neil Gaiman: Der Ozean am Ende der Stra\u00dfe, aus dem Englischen von Hannes Riffel, mit Illustrationen von J\u00fcrgen Speh, eichborn Verlag<\/a>, 240 Seiten, 9783847905790<\/span>, 18,00 \u20ac<\/span><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Das Erwachsenwerden ist ein schmerzhafter Prozess. Manchmal hinterl\u00e4sst er nur ein gefr\u00e4\u00dfiges Loch im Inneren, das nach immer mehr verlangt. Manchmal wei\u00df man einfach zuviel und sehnt sich zur\u00fcck in eine Zeit, in der der Teich hinter’m Haus ein Ozean war. Neil Gaimans neuer Roman ist eine schaurig-sch\u00f6ne Reminiszenz an die Kindheit. Ein Mann besucht anl\u00e4sslich der Beerdigung seines Vaters seinen Heimatort. Er ist lange nicht dort gewesen, doch noch immer erinnert er sich an das Haus am Ende der staubigen Landstra\u00dfe. Es ist das Haus von Lettie Hempstock, dem elfj\u00e4hrigen M\u00e4dchen, das in seiner Kindheit eine so pr\u00e4gende Rolle spielte. Lettie wohnte dort gemeinsam mit ihrer Mutter und Gro\u00dfmutter – und war stets etwas eigenwillig. Trotz ihres jungen Alters wirkte sie immer als sei sie schon unermesslich alt. Ganz zu schweigen davon, dass sie immer behauptete, der Teich im Garten sei eigentlich ein Ozean. Wie fremdbestimmt zieht es den Mann wieder zu Lettie Hempstocks Haus und damit in eine ferne Vergangenheit. Ich sah die Erde, auf der ich mich seit meiner Geburt aufgehalten hatte, …<\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":6193,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":[],"categories":[16,839],"tags":[1678,1056,1677],"jetpack_featured_media_url":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-content\/uploads\/2014\/07\/neilgaiman.jpg","_links":{"self":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/6192"}],"collection":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=6192"}],"version-history":[{"count":9,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/6192\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":7858,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/6192\/revisions\/7858"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/media\/6193"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=6192"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=6192"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=6192"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}