{"id":12497,"date":"2019-01-16T19:25:44","date_gmt":"2019-01-16T17:25:44","guid":{"rendered":"https:\/\/literatourismus.net\/?p=12497"},"modified":"2019-01-16T20:50:01","modified_gmt":"2019-01-16T18:50:01","slug":"margarete-stokowski-die-letzten-tage-des-patriarchats","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/literatourismus.net\/2019\/01\/margarete-stokowski-die-letzten-tage-des-patriarchats\/","title":{"rendered":"Margarete Stokowski – Die letzten Tage des Patriarchats"},"content":{"rendered":"\n

Von ihren Gegnern und Feinden wird sie gern in vermeintlich ganz sachlicher Absicht \u201eKreischkowski\u201c genannt. Das soll wohl das Narrativ der hysterischen Feministin bedienen, die v\u00f6llig von Sinnen ist, bisweilen gar unzurechnungsf\u00e4hig. Wer Margarete Stokowskis Kolumnen liest \u2013 Die letzten Tage des Patriarchats<\/em> versammelt ausgew\u00e4hlte Texte aus den Jahren 2011 bis 2018 \u2013 gelangt allerdings zu dem Schluss, dass es um die Zurechnungsf\u00e4higkeit der Kolumnistin eigentlich ziemlich gut bestellt ist. Geschrien wird \u00fcbrigens auch nicht.<\/strong><\/p>\n\n\n\n

Es h\u00e4lt sich ja hartn\u00e4ckig das Ger\u00fccht, feministisches Engagement sei nicht mehr n\u00f6tig. Wir lebten in der besten aller Welten \u2013 jetzt mal gleichberechtigungstechnisch gesprochen -, Frauen haben alles erreicht. Oder k\u00f6nnen alles erreichen, so theoretisch. Das hei\u00dft nicht unbedingt, dass das gern gesehen wird, wenn sie es tun. Aber sie k\u00f6nnten. Margarete Stokowski greift in ihren Kolumnen immer wieder aktuelle Debatten auf – #metoo, die K\u00f6lner Silvesternacht, die Ehe f\u00fcr alle, Sexismus, Rassismus, Frauenk\u00f6rper und ihre Objektifizierung in Werbung und Boulevardmedien. Sie tut das immer mit Leichtigkeit und einer Ironie, die regelm\u00e4\u00dfig zu Missverst\u00e4ndnissen bei denen f\u00fchrt, die Ironie nicht lesen k\u00f6nnen. Warum braucht es immer noch Feminismus? Warum ist Feminismus nicht einfach Herrschaft<\/em> unter weiblichen Vorzeichen? Feminismus ist vor allem eins nicht: M\u00e4nnerhass. Feminismus ist auch nicht: eine komplett homogene Bewegung, in der sich jede und jeder f\u00fcr das anklagen lassen muss, was irgendein anderer oder irgendeine andere unter dem Deckmantel des Feminismus in die Welt bl\u00e4st. Oder eben ins Internet.<\/p>\n\n\n\n

Zum Valentinstag m\u00f6chte ich f\u00fcr die Abschaffung von etwas pl\u00e4dieren, das es offiziell gar nicht gibt: das Amt der Bundespr\u00e4sidentengattin.<\/em><\/p>\n\n\n\n

Die letzten Tage des Patriarchats <\/em>versammelt Kolumnen aus der taz und SPIEGEL Online. Sie sind unaufgeregt \u2013 ganz im Gegensatz zum konsequenten Vorwurf der Hybris oder Hysterie -, aber ambitioniert. Unter vielen von ihnen hat Margarete Stokowski f\u00fcr ihr Buch einige Reaktionen gesammelt. Es sind die \u00fcblichen Drohungen von manchen M\u00e4nnern, die es nicht ertragen, wenn eine Frau wie Stokowski sich \u00f6ffentlich \u00e4u\u00dfert. Sie m\u00f6ge vergewaltigt werden von den \u201eafrikanischen Horden\u201c, get\u00f6tet, ertr\u00e4nkt. Besonders h\u00e4ufig werden solche Gewaltfantasien von Artikeln hervorgerufen, in denen es gerade um Gewalt geht. Um h\u00e4usliche Gewalt gegen Frauen, zum Beispiel, von der viele offensichtlich noch immer nicht h\u00f6ren wollen, wie h\u00e4ufig sie ist und wie selten dabei \u201eafrikanische Horden\u201c im Spiel sind. Die Kolumnen sind nicht nur ein Zeitdokument in ihrer Bezogenheit auf aktuelle Geschehnisse, sie analysieren nebenbei auch immer wieder die mediale Begleitung von Debatten. Wie wird \u00fcber Themen berichtet, wie wird mit Themen Stimmung gemacht oder mit Halbwahrheiten \u201eMeinung\u201c fabriziert? Absurd jedenfalls ist das Selbstexperiment einiger Journalistinnen allemal, die sich in einen Burkini zw\u00e4ngen, um danach dar\u00fcber zu sprechen, \u201ewie sich das anf\u00fchlt\u201c. Dass niemand auf die Idee gekommen ist, mit Frauen zu sprechen, die einen tragen, steht exemplarisch f\u00fcr eine Berichterstattung, die noch viel zu sehr von der Beobachterperspektive gepr\u00e4gt ist und das Gespr\u00e4ch mit denen scheut, von denen die Rede ist. <\/p>\n\n\n\n

Es ist nur eine Metapher, sagt ihr. Nein, es ist ein unbedachtes W\u00f6rterkotzen. Metaphern haben einen Sinn, sie sollen etwas klarer oder sch\u00f6ner sagen. Wer aber von Krieg spricht, macht es weder klarer noch sch\u00f6ner, der sagt nur: Guckt, wie sie sich pr\u00fcgeln. Aber was, wenn sie gar nicht pr\u00fcgeln?<\/em><\/p>\n\n\n\n

Der Kolumnenband ist, trotz aller thematischen Schwere im Hintergrund, ziemlich witzig. Es ist wenig zu sehen von Dogmatismus oder feministischer Diktatur. Eigentlich kann und darf jeder tun, was er m\u00f6chte, solange er andere dabei nicht in ihrer Freiheit behindert. Und wenn marginalisierte Gruppen der Gesellschaft die gleichen Rechte erhalten wie die, die sich bisher keine Gedanken um ihre Rechte machen mussten, kann das f\u00fcr niemanden ein Verlust sein \u2013 nur f\u00fcr alle ein Gewinn. Am Ende ist auch das ein wesentlicher Bestandteil des Feminismus, von dem bei Margarete Stokowski die Rede ist. Selbst wenn man nicht mit allen Antworten einverstanden ist, kann man gegen die aufgeworfenen Fragen im Buch nichts haben. Im Gegenteil. Sie bieten einen leicht verst\u00e4ndlichen Leitfaden zu feministischen Diskursen der Gegenwart. Daran ist nichts hysterisch. Weit hysterischer als jede Stokowski-Kolumne, auch das zeigt der Band sehr anschaulich, sind die Reaktionen darauf. Aber auch das wird vielleicht einmal vorbei sein.<\/p>\n\n\n\n

Margarete Stokowski: <\/strong>Die letzten Tage des Patriarchats<\/strong><\/a>. Rowohlt Verlag. 320 Seiten. 20,00 \u20ac.<\/strong><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Von ihren Gegnern und Feinden wird sie gern in vermeintlich ganz sachlicher Absicht \u201eKreischkowski\u201c genannt. Das soll wohl das Narrativ der hysterischen Feministin bedienen, die v\u00f6llig von Sinnen ist, bisweilen gar unzurechnungsf\u00e4hig. Wer Margarete Stokowskis Kolumnen liest \u2013 Die letzten Tage des Patriarchats versammelt ausgew\u00e4hlte Texte aus den Jahren 2011 bis 2018 \u2013 gelangt allerdings zu dem Schluss, dass es um die Zurechnungsf\u00e4higkeit der Kolumnistin eigentlich ziemlich gut bestellt ist. Geschrien wird \u00fcbrigens auch nicht. Es h\u00e4lt sich ja hartn\u00e4ckig das Ger\u00fccht, feministisches Engagement sei nicht mehr n\u00f6tig. Wir lebten in der besten aller Welten \u2013 jetzt mal gleichberechtigungstechnisch gesprochen -, Frauen haben alles erreicht. Oder k\u00f6nnen alles erreichen, so theoretisch. Das hei\u00dft nicht unbedingt, dass das gern gesehen wird, wenn sie es tun. Aber sie k\u00f6nnten. Margarete Stokowski greift in ihren Kolumnen immer wieder aktuelle Debatten auf – #metoo, die K\u00f6lner Silvesternacht, die Ehe f\u00fcr alle, Sexismus, Rassismus, Frauenk\u00f6rper und ihre Objektifizierung in Werbung und Boulevardmedien. Sie tut das immer mit Leichtigkeit und einer Ironie, die regelm\u00e4\u00dfig zu Missverst\u00e4ndnissen bei denen f\u00fchrt, die Ironie …<\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":12498,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":[],"categories":[16,840],"tags":[2534,2536,2349,2535],"jetpack_featured_media_url":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-content\/uploads\/2019\/01\/DSCN8832.jpg","_links":{"self":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/12497"}],"collection":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=12497"}],"version-history":[{"count":5,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/12497\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":12508,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/12497\/revisions\/12508"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/media\/12498"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=12497"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=12497"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=12497"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}