{"id":11735,"date":"2017-06-03T19:40:45","date_gmt":"2017-06-03T17:40:45","guid":{"rendered":"http:\/\/literatourismus.net\/?p=11735"},"modified":"2017-06-03T19:41:24","modified_gmt":"2017-06-03T17:41:24","slug":"kurz-und-knapp-rezensiert-im-juni-2","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/literatourismus.net\/2017\/06\/kurz-und-knapp-rezensiert-im-juni-2\/","title":{"rendered":"Kurz und knapp rezensiert im Juni!"},"content":{"rendered":"

Im Juni geht es um feministische Essays, ein ungew\u00f6hnliches Zoo-Exponat und die russische Schwermut aus franz\u00f6sischer Feder.<\/strong><\/p>\n

\"\"<\/a>Rebecca Solnits Essayband beginnt mit einer exemplarischen Partysituation: ein Mann belehrt Solnit, ungefragt und zun\u00e4chst ohne es zu wissen, \u00fcber ihr eigenes Buch. Es bedarf einiger Anstrengung, um ihn davon zu unterrichten, dass das Buch, aus dessen Besprechung er so \u00fcbereifrig zitiert, von der Frau stammt, die ihm gegen\u00fcber steht. Gelesen hat er es selbst noch nicht. Worum es aber geht: mit dem 2\/5-Wissen gl\u00e4nzen und das Revier abstecken. Von da aus rei\u00dft Rebecca Solnit mit ihren Essays zahlreiche feministische Themen an: die Marginalisierung von weiblichen Stimmen in Machtpositionen (verbunden mit der Schwierigkeit, als Frau \u00fcberhaupt in solche Positionen zu gelangen), die H\u00e4ufigkeit von Gewalt gegen Frauen, insbesondere in Form von Vergewaltigung, Machtverschiebungen und -differenzen und die eheliche Gleichstellung von Homosexuellen. Solnit ist eine scharfe Beobachterin, die klug und differenziert argumentiert und eigene, auch unkonventionelle Gedanken entwickelt. Am Ende steht eine anregende Sammlung ganz verschiedener Texte zu den Themen Feminismus und Gleichberechtigung, die offen zutage treten lassen, was gewonnen ist und wie viel Weg noch vor uns liegt.<\/p>\n

Rebecca Solnit: Wenn M\u00e4nner mir die Welt erkl\u00e4ren, aus dem Amerikanischen von Kathrin Razum und Bettina M\u00fcnch, btb Verlag, 176 Seiten, 9,99 \u20ac<\/span><\/p>\n

\"\"<\/a>Sich aus Liebe, verschm\u00e4hter Liebe oder irgendwelchen artverwandten Gef\u00fchlen zum Affen zu machen, ist keine seltene Erscheinung. John und Josephine geraten mitten im Zoo in einen Streit, der grunds\u00e4tzlicher kaum sein k\u00f6nnte. Wie vereinnahmend, wie absolut darf und kann die Liebe sein? Wie hoch ist unsere Opferbereitschaft? Bedeutet ein Bekenntnis zu jemandem gleichzeitig die Kriegserkl\u00e4rung an alle anderen? Wie gehen wir um, mit dem, den wir lieben? Sperren wir ihn ein, f\u00fchren wir ihn vor? John jedenfalls kommt, einem erbosten Vorschlag Josephines folgend, auf die Idee, sich selbst als Exponat f\u00fcr den Zoo zur Verf\u00fcgung zu stellen. So viele Spezies sind im Park vertreten, nur der Mensch nicht. Diese L\u00fccke will er f\u00fcllen und zieht neben dem Affengehege ein. Bereits in Dame zu Fuchs <\/em><\/a>(1922) befasste sich David Garnett mit der Liebe und den Tieren, die sie gelegentlich aus uns macht. Mann im Zoo<\/em> (1924) st\u00f6\u00dft in ein \u00e4hnliches Horn. S\u00fcffisant erz\u00e4hlt, mit Leichtigkeit und Witz, gelingt es auch diesem Roman, der selbsternannten Krone der Sch\u00f6pfung einen Zacken aus derselben zu brechen.<\/p>\n

David Garnett: Mann im Zoo, aus dem Englischen von Maria Hummitzsch, D\u00f6rlemann Verlag, 160 Seiten, 17,00 \u20ac<\/span><\/p>\n

\"\"<\/a>Im Original bereits 2007 erschienen, ist Ein russischer Roman <\/em>ein typischer Carr\u00e8re-Roman. Ausgelaugt von der mehrj\u00e4hrigen Arbeit an Amok<\/em><\/a> macht sich Carr\u00e8re auf den Weg in die russische Provinzstadt Kotelnitsch. Dort ist in einer Psychiatrie ein ungarischer Patient aufgetaucht, der als Kriegsgefangener vor \u00fcber f\u00fcnfzig Jahren verschwunden war<\/a>. Carr\u00e8re soll eine Reportage (Retour \u00e0 Kotelnitch<\/a><\/em>) \u00fcber Andr\u00e1s Toma drehen, dessen Geschichte \u00dcberschneidungen mit der Geschichte von Carr\u00e8res Gro\u00dfvater aufweist. Auch der verschwand 1944 im Krieg spurlos, vermutlich weil er mit den Deutschen kollaborierte. Er riss ein Loch in die Familie, \u00fcber das der Mantel des Schweigens gebreitet wurde – bis Carr\u00e8re entscheidet, diesem Teil seiner Familiengeschichte nachzusp\u00fcren. Wieder ist Carr\u00e8re, vor dem historischen Hintergrund des Krieges, der heutigen Lebenswirklichkeit in der ehemaligen Sowjetunion und seiner eigenen Situation, entwaffnend pers\u00f6nlich und offenherzig. Seine Aufrichtigkeit ist so tr\u00f6stlich wie sie manchmal verst\u00f6rend ist. Es ist ein schwerm\u00fctiges Buch geworden, russisch eben. Es wird getrunken, gelitten, geliebt, get\u00f6tet und es geht, wie h\u00e4ufig bei Carr\u00e8re, um ihn selbst und mitten ins Mark.<\/p>\n

Emmanuel Carr\u00e8re: Ein russischer Roman, aus dem Franz\u00f6sischen von Claudia Hamm, Matthes & Seitz, 282 Seiten, 22,00 \u20ac<\/span><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Im Juni geht es um feministische Essays, ein ungew\u00f6hnliches Zoo-Exponat und die russische Schwermut aus franz\u00f6sischer Feder. Rebecca Solnits Essayband beginnt mit einer exemplarischen Partysituation: ein Mann belehrt Solnit, ungefragt und zun\u00e4chst ohne es zu wissen, \u00fcber ihr eigenes Buch. Es bedarf einiger Anstrengung, um ihn davon zu unterrichten, dass das Buch, aus dessen Besprechung er so \u00fcbereifrig zitiert, von der Frau stammt, die ihm gegen\u00fcber steht. Gelesen hat er es selbst noch nicht. Worum es aber geht: mit dem 2\/5-Wissen gl\u00e4nzen und das Revier abstecken. Von da aus rei\u00dft Rebecca Solnit mit ihren Essays zahlreiche feministische Themen an: die Marginalisierung von weiblichen Stimmen in Machtpositionen (verbunden mit der Schwierigkeit, als Frau \u00fcberhaupt in solche Positionen zu gelangen), die H\u00e4ufigkeit von Gewalt gegen Frauen, insbesondere in Form von Vergewaltigung, Machtverschiebungen und -differenzen und die eheliche Gleichstellung von Homosexuellen. Solnit ist eine scharfe Beobachterin, die klug und differenziert argumentiert und eigene, auch unkonventionelle Gedanken entwickelt. Am Ende steht eine anregende Sammlung ganz verschiedener Texte zu den Themen Feminismus und Gleichberechtigung, die offen zutage treten lassen, was …<\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":11736,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":[],"categories":[836,2212],"tags":[2166,1063,2406],"jetpack_featured_media_url":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-content\/uploads\/2017\/06\/kuk.jpg","_links":{"self":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/11735"}],"collection":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=11735"}],"version-history":[{"count":4,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/11735\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":11743,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/11735\/revisions\/11743"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/media\/11736"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=11735"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=11735"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=11735"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}