{"id":11431,"date":"2017-04-05T09:22:22","date_gmt":"2017-04-05T07:22:22","guid":{"rendered":"http:\/\/literatourismus.net\/?p=11431"},"modified":"2017-04-05T11:07:08","modified_gmt":"2017-04-05T09:07:08","slug":"kurz-und-knapp-rezensiert-im-april","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/literatourismus.net\/2017\/04\/kurz-und-knapp-rezensiert-im-april\/","title":{"rendered":"Kurz und knapp rezensiert im April"},"content":{"rendered":"

Nicht zu jedem Roman kann man sich in epischer Breite auslassen. Ein guter Grund f\u00fcr die \u00fcberf\u00e4llige Reanimation des Kurz & Knapp-Formats.<\/p>\n

\"\"<\/a>Truman Capote – Handgeschnitzte S\u00e4rge<\/strong><\/p>\n

Mit Kaltbl\u00fctig<\/em> (1966) begr\u00fcndete Capote das Genre des Tatsachenromans. An diesen furiosen Erfolg konnte er nicht mehr ankn\u00fcpfen, viel mehr kann man hier einen veritablen Karriereknick verorten. Handcarved Coffins<\/em>, das Kein & Aber als eigenst\u00e4ndiges B\u00fcchlein herausgebracht hat, erschien erstmals 1980 in der Textsammlung Music for Chameleons<\/em>. Auch hier ist Capote auf der Spur skurriler Morde, die sich jedes Mal durch die Zusendung handgeschnitzter Miniaturs\u00e4rge mit einer Fotografie des Opfers ank\u00fcndigen. Im Gegensatz zu Kaltbl\u00fctig<\/em> ist die Provenienz dieses Kriminalfalls unklar; ob er tats\u00e4chlich auf Tatsachen beruht, konnte nie letztg\u00fcltig festgestellt werden. Obwohl Capote bis zu seinem Tod darauf bestand, dass es sich um eine wahre Begebenheit handelt (dem Text vorangestellt ist die Versicherung Tatsachenbericht eines amerikanischen Verbrechens<\/em>) spricht vieles daf\u00fcr, dass es sich um ein Potpourri aus verschiedenen Kriminalf\u00e4llen handelt – mehr dazu hier<\/a>. Auch stilistisch w\u00e4hlt Capote einen neuen Ansatz, indem er die Geschichte als Drama gestaltet und sie ausschlie\u00dflich in Dialogform schreibt. Er steht selbst als Akteur auf der B\u00fchne, ist unmittelbar am Geschehen beteiligt und mithin so nah dran wie er als Erz\u00e4hler niemals sein k\u00f6nnte. Capote ist gut in Form, ein spannendes Kleinod mit dem gewissen Etwas!<\/p>\n

Truman Capote: Handgeschnitzte S\u00e4rge, aus dem Amerikanischen von Marcus Ingendaay, Kein & Aber, 160 S., 9,90 \u20ac<\/em><\/p>\n

\"\"<\/a>Stefan Beuse – Das Buch der Wunder<\/strong><\/p>\n

Es ist Blogger’s Darling, <\/em>das etwas verr\u00e4tselte Coming-Of-Age-Abenteuerm\u00e4rchen in blau. Im Mittelpunkt stehen die Geschwister Tom und Penny; er wissbegierig und geradezu \u00fcbereifrig rational, sie vertr\u00e4umt und fantasievoll. Vieles l\u00e4uft schief in der Familie und die Geschwister suchen ihren Weg, mit den Gegebenheiten umzugehen. Sie versuchen sich an einem neuen Blick, der die Welt in anderem Licht erscheinen l\u00e4sst. Wie wir die Welt sehen, ist nicht nur Sache der Welt; klingt nach einer Binsenweisheit, ist aber keine. Stefan Beuse verschachtelt verschiedene Ebenen ineinander. Als Penny durch einen tragischen Vorfall ums Leben kommt, hinterl\u00e4sst sie ein “Buch der Wunder”; offensichtlich das, was wir in den H\u00e4nden halten und auch nicht. Tom macht sich auf die Suche nach ihr, im Dickicht des Dschungels, schlie\u00dflich war Penny vernarrt in Kiplings Dschungelbuch. Aber er kann sich der Wahrheit nicht stellen, er verdr\u00e4ngt seine \u00c4ngste und die nehmen immer gr\u00f6\u00dferen Einfluss auf seine Umwelt. Nicht immer ist klar, auf welcher Ebene wir uns befinden, was Traum ist, was Wirklichkeit, was Sinnbild und was Spielerei. Aber am Ende steht eine klare Botschaft: deine \u00c4ngste und D\u00e4monen k\u00f6nnen dich nur beherrschen, wenn du vor ihnen fliehst.<\/p>\n

Stefan Beuse: Das Buch der Wunder. mairisch Verlag, 224 S., 18 \u20ac<\/em><\/p>\n

\"\"<\/a>Christine Wunnicke – Katie<\/strong><\/p>\n

In den 1870ern sind spiritistische Sitzungen in London der hei\u00dfe Schei\u00df. Medien und Geistererscheinungen sprie\u00dfen aus dem Boden wie Pilze und auch das Interesse der Wissenschaft ist geweckt. Scharlatanerie, Betrug oder doch etwas Ernstes? Florence Cook und die sich aus ihr materialisierende Geistererscheinung namens Katie (Tochter des Geistes John King, der seinerseits f\u00fcr sich in Anspruch nahm, der Geist des Piraten Henry Morgan zu sein, es ist kompliziert) erlangen in der Szene einige Ber\u00fchmtheit. So wird auch der Physiker und Chemiker William Crookes auf das M\u00e4dchen aufmerksam. Er wird einiges zuwege bringen, u.a. das Thallium entdecken. Was er nicht entdeckt, ist der Schwindel, dem er aufsitzt. Er best\u00e4tigt die Echtheit von Florences F\u00e4higkeiten. Christine Wunnicke hat ein H\u00e4ndchen f\u00fcr skurrile, \u00fcbernat\u00fcrlich Geschichten historischen Ursprungs, zuletzt war sie mit den japanischen Fuchsgeistern<\/a> befasst. Katie <\/em>ist zur\u00fcckgenommen, etwas schwerf\u00e4llig, aber es beschw\u00f6rt en detail die Atmosph\u00e4re herauf, in der auch den Akademikern alles m\u00f6glich schien, selbst die Existenz von Geistererscheinungen. (dazu \u00fcbrigens auch sch\u00f6n: Roger Clarke – Naturgeschichte der Gespenster<\/a>, erschienen bei Matthes & Seitz)<\/p>\n

Christine Wunnicke: Katie. Berenberg Verlag. 176 S. 22,00 \u20ac.<\/em><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Nicht zu jedem Roman kann man sich in epischer Breite auslassen. Ein guter Grund f\u00fcr die \u00fcberf\u00e4llige Reanimation des Kurz & Knapp-Formats. Truman Capote – Handgeschnitzte S\u00e4rge Mit Kaltbl\u00fctig (1966) begr\u00fcndete Capote das Genre des Tatsachenromans. An diesen furiosen Erfolg konnte er nicht mehr ankn\u00fcpfen, viel mehr kann man hier einen veritablen Karriereknick verorten. Handcarved Coffins, das Kein & Aber als eigenst\u00e4ndiges B\u00fcchlein herausgebracht hat, erschien erstmals 1980 in der Textsammlung Music for Chameleons. Auch hier ist Capote auf der Spur skurriler Morde, die sich jedes Mal durch die Zusendung handgeschnitzter Miniaturs\u00e4rge mit einer Fotografie des Opfers ank\u00fcndigen. Im Gegensatz zu Kaltbl\u00fctig ist die Provenienz dieses Kriminalfalls unklar; ob er tats\u00e4chlich auf Tatsachen beruht, konnte nie letztg\u00fcltig festgestellt werden. Obwohl Capote bis zu seinem Tod darauf bestand, dass es sich um eine wahre Begebenheit handelt (dem Text vorangestellt ist die Versicherung Tatsachenbericht eines amerikanischen Verbrechens) spricht vieles daf\u00fcr, dass es sich um ein Potpourri aus verschiedenen Kriminalf\u00e4llen handelt – mehr dazu hier. Auch stilistisch w\u00e4hlt Capote einen neuen Ansatz, indem er die Geschichte als Drama …<\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":11438,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":[],"categories":[836,2212],"tags":[2384,2385,2383,2386,2387],"jetpack_featured_media_url":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-content\/uploads\/2017\/04\/kurzknapp.jpg","_links":{"self":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/11431"}],"collection":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=11431"}],"version-history":[{"count":4,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/11431\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":11439,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/11431\/revisions\/11439"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/media\/11438"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=11431"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=11431"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/literatourismus.net\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=11431"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}