Alle Artikel mit dem Schlagwort: robert seethaler

Kurz und knapp rezensiert im Juni!

Nach einer längeren Blogpause geht es im Juni um die Toten und ihr Resüme, pointierte Cartoons zu Kultur- und Literaturbetrieb, Utopien und eine unverzeihliche Grenzüberschreitung. Mit Der Trafikant (ab Herbst übrigens im Kino) und Ein ganzes Leben hat Robert Seethaler bereits feinsinnige, sprachlich sehr elegante Romane geschrieben; sein neuester Wurf ist ein Chor verschiedener Stimmen “vom Feld”. Auf dem Feld werden die Toten der Kleinstadt begraben und blicken nun nach ihrem Dahinscheiden auf ihre Leben zurück. Was ist geblieben, nachdem alles zu Ende war? Gewöhnlich können wir unser Leben nur betrachten, während wir noch Teil davon sind. Wir können nicht einfach aus uns selbst und dem Alltag heraustreten. Seethalers Erzählmodus erlaubt die Außenperspektive – schließlich sind alle Berichtenden bereits tot und wissen darum. Zentrum ihrer aller Leben ist “Paulstadt”. Sie sind Gemüsehändler, unglückliche Ehepaare, Verlassene, korrumpierte Lokalpolitiker, ein wahnhafter Pfarrer, ein Postbote. Stück für Sück setzt Seethaler die Kleinstadt mittels ihrer Einwohner zusammen, die mal ernüchtert und mal befriedet auf ihr Dasein zurückblicken. Dabei geraten nicht alle Kapitel gleichermaßen plastisch, immer aber sind sie empathisch …

Robert Seethaler – Ein ganzes Leben

Aufgewachsen in der dörflichen Abgeschiedenheit um die Jahrhundertwende,ohne Zuwendung und mit den Gertenschlägen des Ziehvaters – Andreas Eggers Leben nimmt keinen guten Anfang. Robert Seethalers neuer Roman erzählt vom einfachen Leben, von Fortschritt und Veränderung. Von einem Einzelgänger, der die schützenden Grenzen seines Bergdorfes niemals hinter sich lässt. Andreas Egger ist noch jung, vier oder fünf Jahre vielleicht, als seine Mutter an Schwindsucht stirbt. Es ist der Anfang des 20.Jahrhunderts und während in den Großstädten langsam hektische Geschäftigkeit das Beschauliche ablöst, scheint in dem Bergdorf, in das Andreas nun gebracht wird, die Zeit stillzustehen. Er findet Obdach beim Großbauern Kranzstocker, der ihn jedoch nicht aus Mildtätigkeit, sondern des Geldes wegen aufnimmt, das Andreas in einem ledernen Beutel um den Hals trägt. Er ist eine willkommene Arbeitskraft und dem Jähzorn des mürrischen Alten von Anfang an ausgeliefert. Der mit Wasser geschmeidig gehaltenen Haselnussgerte begegnet er öfter als einem liebevollen Wort. Der Mann erschafft Leben durch die Kraft seiner Lenden, und er nimmt Leben durch die Kraft seiner Arme. Der Mann ist das Fleisch und er ist …