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Saphia Azzeddine – Mein Vater ist Putzfrau

Als Jugendlicher in der Pariser Banlieue aufzuwachsen, ist sicherlich kein Zuckerschlecken. Paul, genannt Polo, muss sich behaupten in der Vorstadt, den Problemvierteln, in denen Hoffnungslosigkeit und ein gewisser Fatalismus zum Inventar gehören. Gelegentlich geht er seinem Vater zur Hand. Der ist “Putzfrau” und es führt ihn in die verschiedensten Gebäude. So auch in die Bibliothek, in der Polo seinen ersten leisen Befreiungsschlag erlebt. Paul ist vierzehn, verliebt in Priscilla, etwas aufmüpfig wie die meisten in seinem Alter und freiwilliger Putzassistent seines Vaters. Er verbringt mit ihm Abende in Bürogebäuden, Cafés, aber eben auch der Bibliothek, die einen ganz besonderen Zweck in “Polos” Leben erfüllt. Sie ist seine Form der Abgrenzung, sein erträumtes Sprungbrett in ein besseres Leben, wenn er einmal erwachsen ist. Er liest kreuz und quer, Balzac und Primo Levi, Colette und Anouilh. Aus jedem Buch sucht er sich ein Wort heraus, das ihm unbekannt ist, das er neu lernen kann, um es gelegentlich in Gespräche einzustreuen. Freilich versteht ihn selten jemand, diesen Jungen, der plötzlich von Widrigkeiten, Transzendenz oder Züchtigung spricht. Aber für …