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Johan Bargum – Septembernovelle

Zwei Männer begeben sich auf einen Segeltörn, nur einer von ihnen kommt zurück. Johan Bargums ,Septembernovelle’ ist die hochkonzentrierte Erzählung einer Dreiecksbeziehung, eine packende Geschichte von Liebe, Scheitern und Verrat.

Als Olof in seinem Haus von der Polizei befragt wird, streitet er jede Beteiligung am Verschwinden Haralds ab. Die beiden Männer, die wenig mehr verbindet als die Tatsache, dass sie dieselbe Frau und das Segeln geliebt haben, treffen sich also nach Jahren des Schweigens wieder, um einen Ausflug zu machen. Olof zufolge auf Haralds Wunsch. Der ist schwer krank und möchte noch ein letztes Mal Wind und Wellen spüren. Olof gilt als tatverdächtig, die Polizei ist außerdem im Besitz eines Briefes von Harald, der letztlich klären soll, was mit ihm geschehen und weshalb er nicht mit seinem Begleiter zurückgekehrt ist. Durch geschickt konstruierte Wechsel zwischen dem gegenwärtigen Verhör und den Erinnerungen Olofs bringt Johan Bargum etwas Licht ins Dunkel. Bleibt bloß die Frage: Kann man diesem Licht trauen?

Der Tod ist etwas, vor dem man vernünftigerweise keine Angst haben kann; es wäre dasselbe, wie davor Angst zu haben, dass die Bäume im Herbst ihr Laub verlieren oder die Erde sich um ihre eigene Achse dreht. Was man fürchtet, ist das Dahinschwinden, die Veränderung der Persönlichkeit, die Schmerzen.

Neben Olofs Schilderungen und den Erinnerungen an Elin, die Frau, mit der beide Männer nacheinander verheiratet waren, gibt es aber auch Haralds Brief, der eindeutig Olof als Initiator dieses Segeltörns nennt. Literarisch grazil und elegant verbindet Johan Bargum die Geschichten beider Männer, die nach dem, was passiert ist, allen Grund hätten, nicht gemeinsam in die entvölkerte Natur hinauszufahren. Einige Zeit zuvor ist Elin bei einem Autounfall gestorben, Olof und Harald wähnen den jeweils anderen mitschuldig. Auch Haralds Krankheit könnte der Grund für sein Verschwinden sein, Selbstmord eine Lösung, die er in Betracht zog, wo ihm doch nicht mehr viel Zeit blieb. Die ,Septembernovelle’ ist eine unheimlich dichte und komprimierte Erzählung, die eine ganz eigene Spannung entfaltet. Wie im Krimi versucht man, dem Verschwinden Haralds auf die Spur zu kommen – und was man dabei entdeckt, lässt die Dinge immer wieder in ganz neuem Licht erscheinen. Elegant geschrieben, fesselnd und wie ein Segeltörn in unruhigen Gewässern.

Wir trampeln durch unser Leben, und es kommt, wie es kommt. (…) Wir spielen mit dem Blatt, das wir auf der Hand haben. Manchmal kann’s auch danebengehen, dann sind wir für eine Weile niedergeschlagen. Aber deshalb gehen wir nicht ans Meer und brüllen los, und wir gehen auch nicht ins Wasser. Wir sitzen in unseren Wohnzimmern und gucken Fernsehen, und mit der Zeit geht es vorbei.

Johan Bargum: Septembernovelle, aus dem Schwedischen von Karl-Ludwig Wetzig, mare Verlag, 112 Seiten, 9783866481930, 18,00 €

Weitere Rezensionen findet ihr im Bücherwurmloch und bei Leseschatz.

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