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James Salter – Alles, was ist

James Salter ist ein amerikanischer Autor. Er studierte an der Militärakademie West Point und trat 1945 in die Air Force ein. Zwölf Jahre diente er dort, in den USA, im Pazifik und in Korea. 1956 erschien sein erster Roman ‘The Hunters‘, der vor dem Hintergrund von rund 100 Einsätzen in Korea geschrieben wurde. 1998 erhielt Salter den Faulkner Award. Alles, was ist, erschienen im Berlin Verlag, übersetzt von Beatrice Howeg, kam beinahe übrraschend, hatte Salter doch seit acht Jahren kein Buch mehr veröffentlicht.

Ganz unbestritten ist James Salter ein großer Erzähler. Von manch einem bereits auf eine Stufe gestellt mit Flannery O’Connor und Tennesse Williams weiß er in ruhigem und gemäßigtem Ton sein Publikum zu fesseln, kann er mit klassisch traditioneller Erzählkunst begeistern. In seinem neuen Roman gibt Salter uns Einblick in das Leben Philipp Bowmans. Im Zweiten Weltkrieg kämpfte er als Teil der Navy in der Schlacht um Okinawa. Er ist geachtet und respektiert, daran lässt Salter keinen Zweifel aufkommen, als er mit genau dieser Schlacht seinen Roman beginnen lässt.

Der Krieg im Pazifik war anders als der Rest. Allein die Entfernungen waren enorm. Es gab nichts außer endlosen Tagen auf See und fremdartige Namen von Orten, die tausend Meilen auseinanderlagen. Es war ein Krieg der vielen Inseln, es galt, sie Japan zu entwinden, eine nach der anderen.

Durch Kamikazeflieger getroffen sinkt das Schiff, manche können sich retten, unter ihnen auch Bowman, andere widerum finden im Pazifik den Tod. Nach Beendigung des Krieges wieder in New York, muss er sein Leben neu organisieren. Er beginnt, in einem kleinen Verlag namens Braden und Baum als Lektor zu arbeiten und trifft in einer Bar am St.Patrick’s Day zufällig eine hinreißende Dame. Vivian Amussen ist ihr Name und sie wird Bowmans erste Frau werden. Eine Frau, von der er sich nicht vorstellen kann, dass jemals eine andere ihren Platz einnehmen wird. Die beiden heiraten überstürzt, im Überschwang und voller idealistischer Vorstellungen, die sich jedoch im Laufe der Zeit nicht bewahrheiten. Viel mehr sind es Luftschlösser, aus denen lanngsam die Luft entweicht.

Es war sinnlos mit ihr zu reden. Er konnte sich kaum dazu bringen, sich neben sie ins Bett zu legen.Das Gefühl der Entfremdung war so stark. Er zitterte fast, er konnte nicht schlafen. Schließlich hatte er sein Kissen genommen und sich auf die Couch gelegt. Jetzt gab es die Gegenwart des anderen nicht mehr, wenn auch nur unsichtbar, das Bewusstsein seiner Stimmungen oder Gewohnheiten.

Vivian kehrt zu ihren Eltern zurück, um ihre Mutter, die einen Schlaganfall erlitten hat, zu pflegen, Bowman schlägt einen anderen Weg ein. In der Verlagsbranche erreicht er langsam ein gewisses Renomée, man vertraut auf ihn und sein Urteilsvermögen. Braden und Baum gewinnt an Einfluss. Und Bowman taumelt durch sein Leben. Neue Frauen betreten es, die ihm stets wie das Wunderbarste erscheinen, das er sich vorstellen kann. Doch nichts ist von Dauer. Er betrügt, er wird betrogen, er enttäuscht und wird enttäuscht. Es ist der Lauf der Dinge, könnte man meinen und eine stete Suche nach Glück und Zufriedenheit, die immer nur phasenweise zu einem Ziel findet.

Manchmal gab es Verlegerpartys mit jungen Frauen in schwarzen Kleidern mit leuchtenden Gesichtern, die sich ein Leben davon versprachen, Mädchen, die in kleinen Apartments wohnten mit Kleiderbergen neben dem Bett und Fotografien vom Sommer, die sich an den Rändern wellten. Er liebte seine Arbeit. Das Leben war gemächlich und doch definiert.

Alles, was ist beschreibt – nomen est omen – tatsächlich ein Leben mit allem, was ist. Mit Liebe und Tod, Erfolg und Absturz, Beginn und Abschied. Es liest sich wie ein Querschnitt durch die Erfahrungen eines durchschnittlichen Mannes, den die gleichen Begierden und Dämonen plagen wie die meisten von uns. Salter verursachte im Feuilleton wahre Begeisterungsstürme, von denen ich nur bedingt mitgerissen werde. Es ist ein solide erzählter und facettenreicher Roman, in dem höchtwahrscheinlich eine Menge von Salter selbst steckt, war er doch genauso wie sein Protagonist beim Militär und durch seine schriftstellerische Tätigkeit mit dem Verlagswesen verbunden. Dennoch fehlte beim Lesen hin und wieder das Salz in der Suppe und so gerät die Lektüre von Alles, was ist zwar schmackhaft, könnte nach meinem Dafürhalten aber etwas Nachwürzung vertragen. Bowman bleibt eigentümlich fern, seine Frauen und die seiner Freunde, sind, abgesehen von Vivian, stetig wechselnde Nebenbesetzung. Mal heißen sie Viviane und Christine, dann Anet und Ann. Ein Kommen und Gehen ohne Beständigkeit, gänzlich ungewiss, ob Bowman selbst darunter leidet oder für sich den Beschluss gefasst hat, jede Möglichkeit zu ergreifen, wenn sie sich ihm bietet. ,Das Leben war gemächlich‘, schreibt Salter und genauso liest es sich auch.

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