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Mette Jakobsen – Minous Geschichte

Mette Jakobsen ist eine dänische Schriftstellerin. Sie studierte Philosophie, absolvierte eine Ausbildung zur Drehbuchautorin und unterrichtet heute Kreatives Schreiben. “Minous Geschichte” ist ihr Debütroman.

Minous Geschichte ist ein Roman, bei dem bedauerlicherweise alles schiefgegangen ist, was beim Schreiben schiefgehen kann. Die Charaktere sind hölzern, die Geschichte ist undurchsichtig und das Ende so offen, dass es einen unzufrieden und verstimmt zurücklässt. Nichts von dem Zauber, der auf der Rückseite des Buches angepriesen wird, rettet sich auch tatsächlich in die Geschichte. Partiell ist die eher gruselig und seltsam ungeeignet für Kinder – und Jugendliche.

Minou lebt mit ihrem philosophisch ambitionierten Vater auf einer Insel. Wo genau, erfahren wir nicht, was sie dahin verschlagen hat, genauso wenig. Seit Jahren ist Minous Mutter spurlos verschwunden. Alle auf der Insel, was nicht unbedingt viele sind, denn die Insel ist entweder erschreckend klein oder wenigstens sehr dünn besiedelt, glauben, dass sie gestorben ist. Über die Klippen ins Meer geweht wurde. Doch Minou will das nicht akzeptieren und scheitert immer wieder daran, den Erwachsenen zu beweisen, dass ihre Mutter nicht tot ist und zurückkommen wird.

Eines Tages findet sie, als sie ihren Vater zum Angeln begleitet, einen toten Jungen. Einen Piraten? Einen Seemann? Jedenfalls wurde er irgendwie an Land gespült. Statt die Behörden einzuschalten und denen die Identifizierung des Toten zu überlassen, tragen sie den Jungen in die Mühle, in der sie wohnen, legen ihn in eines ihrer Zimmer und öffnen das Fenster sperrangelweit – damit er kühl bleibt. Minou beginnt, am Bett des Toten zu wachen und sich eine Geschichte auszudenken, die sein Leben gewesen sein könnte. Immer wieder denkt sie an ihre Mutter und dass sie und ihr Vater ihr etwas Aufregendes zu erzählen hätten, wenn sie zurückkäme.

 Damit ist die Geschichte der Gegenwart eigentlich fast erzählt. Immer wieder baut Mette Jakobsen Rückblenden ein, in denen wir Zeuge eines doch recht harmonischen Familienlebens werden. Immer wieder wird der Krieg erwähnt und wie schrecklich er war, doch was den Eltern Minous zugestoßen ist, erfahren wir nicht. Der Vater erzählt von Aufenthalten in dunklen Kellerräumen, von Hunger und Durst. Und wo er versucht, die Wahrheit zu finden und der festen Überzeugung ist, sie seien direkte Nachfahren des Philosophen René Descartes, hat Minous Mutter eher künstlerische Ambitionen und verschönert regelmäßig die Wände der Mühle mit opulenten Gemälden.

Der Zirkus, der so leidenschaftlich angekündigt wird, entpuppt sich als ein Ein-Mann-Unternehmen. Bestehend aus einem Mann, den alle nur Kistenmann nennen. Er fertigt Kisten für Zaubertricks an. Das ist der so zauberhafte und geheimnisvolle Zirkus, aus dem Minous Mutter verschwindet, nachdem die, wie Minou und Kistenmann, an einer Vorstellung für das spärliche Inselvolk teilgenommen hat. Überhaupt spart sich dieser Roman, mal abgesehen von Minou selbst, namentliche Erwähnungen. Kistenmann ist Kistenmann, Priester ist Priester, der Hund ist Namenlos und auch der Vater wird niemals mit Namen genannt. Sollte das in berühmt holzfällerartiger Metaphorik Allgemeingültigkeit andeuten, so ist es derart abgedroschen, dass darüber eigentlich kein Wort mehr vonnöten ist.

Der Roman will zu viel und schafft dadurch nichts von alledem. Er will ein bisschen was von Sofies Welt sein und philosophische Gedanken für Kinder und Jugendliche aufbereiten. Er will ein bisschen von Kriegswirren erzählen, um dafür zu sensibilisieren, bleibt aber irgendwo mittendrin stecken, sodass man sich die Erwähnung des Krieges eigentlich gleich schenken könnte. Er will phantasievoll sein und bleibt dabei leider dennoch blutleer und einfallslos. Er will eine Familiengeschichte erzählen, aber wir erfahren bis zum Schluss nicht, was eigentlich aus Minous Mutter geworden ist und wie es für das Mädchen weitergehen soll. Wie in vielen Romanen für Kinder und Jugendliche üblich, besucht auch Minou keine Schule. Leider hat sie auch keine Freunde. Mal abgesehen von Kistenmann und diesem namenlosen Hund. Vielleicht will sie auch manchmal schaurig sein, übertritt dabei aber meilenweit die Grenze des guten Geschmacks. Einen Toten tagelang ohne irgendeine merkliche emotionale Beeinträchtigung in seinem Haus liegen zu lassen und auch noch darauf zu achten, dass er gut gekühlt wird, ist nicht einfach schaurig, sondern ekelhaft.

Am Ende des Romans fühlt man sich, wie wenn man aus einem wirren Traum erwacht und eigentlich nur noch denken kann: Was war das denn? Leider eine Geschichte ohne Sinn und Verstand, die Kinder und Jugendliche vermutlich eher irritiert und langweilt als verzaubert. Schade eigentlich!

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