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Bernard Shaw – Pygmalion

Bernard Shaw (1856-1950) war ein englisch-irischer Dramatiker, Politiker und Satiriker, der 1925 den Nobelpreis für Literatur erhielt. Shaw spielte in der Fabian Society eine entscheidende Rolle. Diese Gesellschaft hatte es sich zum Ziel gesetzt, gesellschaftliche und politische Veränderungen nicht auf revolutionärem, sondern auf evolutionärem Wege anzustreben. Dort verbreitete er seine politischen Ideen als Vortragsredner. Darüber hinaus schuf Shaw als Vertreter des intellektuellen Dramas einen neuen Dramentypus – das sogenannte Diskussionsdrama, dessen Protagonisten als Träger bestimmter Ideologien und Meinungen aufeinandertreffen. Für Shaw war nicht nur der Kampf der verschiedenen Charaktere, sondern auch der Kampf verschiedener Ansichten von Bedeutung. Häufig sind seine Werke satirisch überspitzt und seine Charaktere ausgemachte Exzentriker.

Pygmalion ist nicht nur der Name einer Figur der griechischen Mythologie, sondern auch des literarischen Werkes, das Frederick Loewe als Vorlage für sein Musical My Fair Lady diente. In der griechischen Mythologie, am ausführlichsten erwähnt von Ovid, handelt es sich bei Pygmalion um einen Künstler, der sich aufgrund schlechter Erfahrungen mit gewissen Töchtern zum Frauenfeind entwickelt. Er zieht sich komplett zurück und arbeitet an einer elfenbeinernen Statue, die einer lebendigen Frau zum Verwechseln ähnlich sieht. Auch für Pygmalion scheinen die Grenzen zwischen Lebewesen und Kunstfigur zu verschmelzen, er beginnt, sich in sein Werk zu verlieben.

Auch bei Shaw geht es um ein Werk und um die Liebe nicht um einer Person, sondern um der eigenen Leistung willen.

Der Sprachwissenschaftler Henry Higgins trifft nach dem Besuch eines Theaterstücks auf das einfache Blumenmädchen Eliza, das, für seine Phonetikerohren, einen grausamen Akzent hat. Er wettet mit einem Kollegen namens Oberst Pickering darum, dieses Blumenmädchen mit ihrer großen Schnauze innerhalb kürzester Zeit zu einer Herzogin machen zu können, mit einer sauberen und akzentfreien Aussprache und bereit, in die gehobene Londoner Gesellschaft eingeführt zu werden. Bei einer Feier eines ausländischen Botschafters gibt Higgins sie sehr erfolgreich als adlig und von edelster Abstammung aus und gewinnt seine Wette. Bedauerlicherweise ist Higgins derart egozentrisch und geltungssüchtig, dass er lediglich sich selbst und niemand anderem den Erfolg auf die Fahnen schreibt, für ihn ist Eliza bloß das erfolgreiche Produkt seiner Fabrikation.

Da Higgins sie also schlecht behandelt und als Person, die in ihr steckt, gar nicht wahrnimmt, verlässt sie ihn, ohne irgendeine Perspektive.

Pickering: Does it occur to you, Higgins, that the girl has some feelings?

Higgins: Oh no, I don’t think so. Not any feelings that we need bother about.

Das Stück war für seine Zeit ausgenommen skandalös, weil es in exzessiver Art und Weise Schimpfworte verwendete und sich um keinerlei moralische Normen scherte. Aber nicht nur aufgrund der Schimpfworte, die heute vermutlich nirgendwo mehr ins Gewicht fallen, ist dieses Buch ein sehr lesenswertes. Es regt uns dazu an, einen Menschen im Ganzen zu betrachten, statt nur einen Teil seines Charakters, der uns nützlich erscheint. Und nicht zuletzt muss ich hier aufgrund eigener Präferenzen auf die herrliche Verfilmung mit Audrey Hepburn und Rex Harrison in den Hauptrollen verweisen. Wer die literarische Vorlage kennt, wird zwar die Verfilmung seltsam ausgeschmückt finden, – insbesondere hinsichtlich der merkwürdigen Liebesgeschichte zwischen Eliza & Higgins, vermutlich wäre Shaw mit seiner Bissigkeit davon auch wenig amused gewesen – dennoch ist es ein sehenswertes Stückchen Film.

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