Alle Artikel mit dem Schlagwort: tagebuch

Michael Kumpfmüller – Ach, Virginia

Einige Jahre nach Michael Kumpfmüllers erfolgreichem Roman Die Herrlichkeit des Lebens, in dessen Mittelpunkt Franz Kafka stand, erscheint nun erneut ein Text, der um das Leben einer Schreibenden kreist. Protagonistin ist diesmal Virginia Woolf. „L. macht die Rhododendren …“ ist der letzte Satz, den Virginia Woolf vor ihrem Tod im März 1941 zu Papier bringt. Wenige Tage später wird sie sich das Leben nehmen, in einem Fluss nahe ihres Hauses. Michael Kumpfmüller rekonstruiert in Ach, Virginia nun die letzten zehn Tage ihres Lebens. In einer Mixtur aus Außen- und Innenperspektive folgt er Woolf in die tiefe Depression und die Zerrissenheit, die sie immer wieder heimgesucht haben. Kumpfmüller wählt dafür einen Tonfall, der mit dem von Woolf (ausgehend von ihren überlieferten Tagebuchaufzeichnungen) durchaus vergleichbar ist: poetisch, ironisch, manchmal beißend im Ton, unstet, hadernd und kreisend um Themen und Menschen, die die Schriftstellerin zeitlebens geprägt haben. Da und dort zitiert Kumpfmüller auch direkt aus Woolfs Notizen. Offenbar steht es doch schlimmer um sie, als sie gedacht hat. Sie ist ernsthaft krank, in ihrem Kopf ist jede Menge …

Dany Laferrière – Tagebuch eines Schriftstellers im Pyjama

Dany Laferrière wäre ein hervorragender Gast bei einer Cocktailparty. Er hat einen Sinn für’s Aphoristische, für geistreiche Bonmots und unkonventionelle Gedanken. Sein 1985 erschienener Debütroman trug den damals unerhört aufreizenden, provokanten Titel Comment faire l’amour avec un nègre sans se fatiguer. Seitdem hat er sich literarisch mit seiner haitianischen Herkunft und seinem Leben in Montréal befasst und sagt: Ich war nie im Exil, ich war auf Reisen. Laferrière wuchs bei seiner Großmutter auf und arbeitete in jungen Jahren als Journalist, bevor er aufgrund der politischen Situation unter Diktator François Duvalier und dessen Sohn Jean-Claude 1976 mit 23 nach Montréal auswanderte. Einige seiner Vorgängerromane befassten sich mit der Situation in Haiti (“Das Rätsel der Rückkehr“, für das er zahlreiche Preise gewann, “Le goût des jeunes filles” oder “Tout bouge autour de moi” zum Erdbeben, das Haiti 2010 erschütterte), häufig in erzählerischer Verflechtung mit eigenen Erlebnissen und seinem jetzigen Leben in Montréal und Miami. Auch sein neuer “Roman”, der in diesem Jahr ins Rennen um einen Platz auf der Hotlist geht, behandelt Ereignisse seines Lebens insofern, als …