Alle Artikel mit dem Schlagwort: marion brasch

Marion Brasch – Die irrtümlichen Abenteuer des Herrn Godot

Nach der Lektüre von Marion Braschs neuem Roman kann man es nicht mehr verwunderlich finden, dass Godot in Samuel Becketts Theaterstück die wartenden Herren Wladimir und Estragon niemals erreicht. In herrlich sprachspielerischen und anarchischen Episoden des Flaneurs Godot finden sich zahlreiche Begründungen für seine Verspätung: u.a. niedergehende Werte, Plüschbären, Stimmverlust und ein gefährlicher Reißwolf. “Das ist Godot. Woher ich das weiß? Keine Ahnung, es ist einfach so.” heißt es zu Beginn eines Buches, das sich aller Ketten entledigt hat. Es gibt keine stringente Handlung, die auf ein Ziel gerichtet ist. Keine gute Botschaft, keine Moral, keinen literarisch verpackten Lehrsatz und erst recht nicht den Ernst und die kulturelle Schwere, die man dem Literarischen oft nachsagt. ,Die irrtümlichen Abenteuer des Herrn Godot‘ ist ein im besten Sinne anarchisches und experimentierfreudiges Stück Literatur, getragen und getrieben vor allem von einem feinen Sinn für Sprache und Assoziation. Godot mit Hut, gewandet in einen etwas abgetragenen Anzug, spaziert ziellos durch eine Welt, die mit allerlei Merkwürdigkeiten aufwartet. So regnet es tatsächlich Hunde und Katzen, bevor der Niedergang der Werte …

Marion Brasch – Wunderlich fährt nach Norden

Irgendwann kommt in jedem Leben der Moment, in dem Veränderung unerlässlich, das bisherige Dasein zu eng geworden ist. Zeichenlehrer Wunderlich trifft es ganz klassisch am Ende einer Beziehung, die ihm Halt und Boden war. Er beschließt, nach Norden zu fahren und wird auf dem Weg dorthin – fast mag man es ein Wunder nennen – ein ganz neuer Wunderlich. Wunderlich hat sich in seinem Leben eingerichtet. Er mag keine Veränderungen und plant rigoros, um nichts dem Zufall zu überlassen. Doch dann trennt seine Freundin Marie sich von ihm. Unmöglich, so etwas zu planen. Es passiert einfach und bringt Wunderlich völlig aus dem Gleichgewicht. Als ob das allein nicht schon genug wäre, beginnt plötzlich sein Handy mit ihm zu kommunizieren. Ein gewisser (oder eine gewisse?) Anonym schickt Wunderlich mysteriöse Nachrichten und es beginnt mit: “Guck nach vorn.” Wunderlich war der unglücklichste Mensch, den er kannte. Er kannte zwar nicht viele Menschen, doch was spielt das für eine Rolle, wenn das Unglück größer ist als man selbst. Das kann nun auf vielerlei Arten, sinnbildlich oder wortwörtlich, verstanden …