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In eigener Sache: Blogentschleunigung

© Lia Leslie, Stocksnap

Nein, das ist kein Bekenntnisbeitrag. Oder, naja, vielleicht ein bisschen. Detox und Entschleunigung sind total auf dem Vormarsch. Wie auch das heilsame Entrümpeln von Regalen, Schränken und über die Jahre mit Nippes gefütterten Schubladen. Alles muss raus, ein bisschen wie beim Schlussverkauf eben. Hauptsache, man ist es los. So gesehen betreibe ich möglicherweise in Zukunft – ganz zeitgemäß – Verpflichtungsentrümpelung. Einige von euch wissen vielleicht, dass ich neben dem Blog eigentlich studiere. Mittlerweile bin ich im vierten Semester angekommen. Kulturwissenschaften (Schwerpunkt: Literaturwissenschaft) an der Fernuniversität Hagen. Ein Fernstudium bringt es mit sich, dass man in sich ein hohes Maß an Selbstdisziplin akquirieren muss, um überhaupt voranzukommen. Keine verpflichtenden Vorlesungstermine, keine Lerngruppen, keine von außen auferlegte (wenigstens grobe) Organisationsstruktur. Das hat, wie man sich denken kann, Vor- und Nachteile. Fakt ist: ich bin gezwungen, mich zukünftig mehr darauf zu konzentrieren. Ich bin gezwungen, den Blog auf die hinteren Ränge zu verweisen, wenn das Studium und ich nicht von der lockeren Liebschaft in einen lebenslangen Bund der Ehe eintreten wollen.

Bewusster lesen und wählen

Dieser Zwang bringt es mich sich, zu überdenken, wie das Konzept dieses Blogs aussieht. Und was ich daran zukünftig, nicht nur der Zeitersparnis, sondern auch gelegentlicher Ermüdungserscheinungen wegen, ändern kann und muss. Allem voran: nein, ich werde keine Blogpause einlegen. Nein, ich werde mir kein striktes Buchkaufverbot auferlegen. Nein, ich werde nicht ab dieser Sekunde jedes mir offerierte Rezensionsexemplar heldenhaft mit einem Verweis auf meine Unabhängigkeit ablehnen. ABER: ich werde die Gewichtung innerhalb dieses Blogs verändern. Ich möchte bewusster lesen (auch wenn es ein bisschen wie “Schöner wohnen” klingt) und wählen. Ich möchte entschleunigen. Und damit ist nicht nur die Taktung der Beiträge gemeint – höchstwahrscheinlich wird es in Zukunft nicht mehr als einen in der Woche geben. Damit ist auch gemeint, den Hochgeschwindigkeitszug “Novitäten” gelegentlich zu verlassen und sich ihm nicht mehr sklavisch unterzuordnen. Neue Bücher verleiten und verführen, insbesondere, wenn sie leicht zu haben sind. Sie locken mit ihren ganz eigenen Pheronomen und lösen Reflexe aus, Begehrlichkeiten. Das zu verurteilen, liegt mir fern, ich bin ja selbst betroffen. Und ich werde auch in Zukunft neue Bücher kaufen, wenn sie mich reizen. Aber ich werde mir besser überlegen, ob es notwendig ist, dringend. Welche Bücher ich vielleicht privat irgendwann lesen kann, aber nicht hier auf dem Blog stattfinden lassen muss, weil ohnehin bereits alles dazu gesagt ist. Diese Bücher brauchen meine Schützenhilfe nicht, ihre Presse-Entourage ist auch ohne mich groß genug.

Was will ich wirklich lesen und was schwatzt mir die öffentliche Debatte auf?

Ich werde weiterhin mit Rezensionsexemplaren arbeiten, insbesondere dann natürlich, wenn ich für Redaktionen tätig bin. Das versteht sich von selbst. Ich halte wenig von Dogmatismus und absoluten Verboten, auch nicht sich selbst gegenüber. Aber ich halte (heute, jetzt) viel von einer Selbstreglementierung und der Frage: Was will ich wirklich lesen und was schwatzt mir die öffentliche Debatte auf? Blogs haben die Freiheit, sich diese Frage mit all ihren möglichen Implikationen und Konsequenzen zu stellen. Blogs sollen Entdeckungen machen, heißt es oft. Und dem gebe ich Recht. Das impliziert aber, dass sie sich in der Auswahl der zu besprechenden Titel so flexibel wie möglich zeigen, in Abgrenzung zu anderen Angeboten. Das bedeutet, dass sie sich wagen müssen, eigene Entdeckungen zu machen, statt sich auf dem auszuruhen, was ihnen als Spitzentitel oder Geheimtipp angepriesen wird. Tun schon viele, weiß ich auch. Aber noch nicht genug. Blogs sollen auch dort suchen, wo andere schon Angst vor dem Staub haben, der sich wie materialisiertes Vergessen auf den Buchdeckeln ablagert. Kurzum: Blogger dürfen, sollen und müssen zwischendurch flanierend ihren eigenen Lesepfaden folgen. Das will ich jetzt (wieder) tun, unabhängig. Ich will von der Lesemaschine wieder zurückfinden zum Leser-Sein. Und ich würde mich freuen, wenn ich dabei auch weiterhin von euch begleitet werde.

td;dr

Keine Blogpause, keine Buchkaufverbote. Künftig gibt’s hier weniger Beiträge, mutmaßlich einen in der Woche. Die Lektüreauswahl soll bewusster und weniger aktualitätsbezogen erfolgen, vgl. “von Trüffelschweinen geebnete Trampelpfade abseits des ausgelatschten Weges”. Ihr bleibt dabei, ja?

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