Graphic Novel
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Mark Long, Nate Powell & Jim Demonakos – Das Schweigen unserer Freunde

das-schweigen-unserer-freundeMark Long ist ein amerikanischer Schriftsteller, Drehbuchautor und Spieleentwickler. Gemeinsam mit Jim Demonakos, Gründer der jährlich stattfindenden Emerald City Comicon in Seattle, schrieb er die Geschichte zu “Das Schweigen unserer Freunde“, die auch viele Erlebnisse aus seiner eigenen Kindheit in den Südstaaten aufgreift. Nate Powell steuerte seinerseits die Illustrationen bei. Neben seiner zeichnerischen Tätigkeit im Graphic Novel – und Comicbereich besitzt er ein Plattenlabel und trat mit mehreren Punkbands auf. Für seine 2008 erschienene Graphic Novel Swallow Me Whole erhielt er 2009 den Eisner Award. ,Das Schweigen unserer Freunde‘ erschien unlängst bei Egmont.

Der Titel dieser Graphic Novel geht auf ein Zitat Martin Luther Kings zurück: ,Am Ende werden wir uns nicht an die Worte unserer Feinde erinnern, sondern an das Schweigen unserer Freunde.‘ Wir befinden uns 1968 in Houston, Texas. Unruhen und Diskriminierung prägen das tägliche Leben, Schwarze und Weiße leben strikt voneinander getrennt, in einschlägig bekannten Stadtvierteln verteilt der Ku-Klux-Klan Einladungen zu seinen Zeremonien und Zusammenkünften. Jack Long ist Journalist und lebt mit seiner Familie in einem solchen Viertel. Er ist kein überzeugter Rassist, hat er doch auf dem Campus der TSU, der Texas Southern University, Larry Thomas kennengelernt. Einen schwarzen Bürgerrechtsaktivisten, der die Studenten und deren Organisation (das SNCC – Student Nonviolent Coordinating Committee) unterstützt. Das SNCC organisierte gewaltfreie Demonstrationen und Sit-Ins, ermutigte Schwarze, sich in Wählerlisten eintragen zu lassen und kümmerte sich unter anderem um die Alphabetisierung der schwarzen Landbevölkerung. Gewissermaßen profitieren sie auch voneinander, der Aktivist und der Journalist.

dasschweigenDurch Stokely Carmichael erfährt das SNCC eine stete Radikalisierung, man verbietet Zusammenkünfte auf dem Campus. Und so organisieren die Studenten und Sympathisanten einen Sitzstreik auf der Wheeler Avenue, so etwas wie einem unseligen Sammelpunkt rassistischer Unruhen und Ausschreitungen. Larry Thomas wohnt mit seiner Familie an dieser Straße und muss sich regelmäßige Beschimpfungen und Anfeindungen gefallenlassen, seine Tochter Cecelia wird auf dem Fahrrad von einem Weißen angefahren, es wird nicht einmal ermittelt. Der Sitzstreik auf der Wheeler Avenue beginnt am 17.Mai 1967 und verläuft blutig. Ein Polizist stirbt, fast 500 schwarze Studenten werden verhaftet, fünf letztlich vor Gericht gestellt. Mark Long hält alles auf Kamera fest und ist außerstande, seinem Freund Larry zu helfen, der brutal zusammengeschlagen wird.

Vor Gericht begegnen sich Jack und Larry wieder, ihre Freundschaft ist angeschlagen. Ist es überhaupt möglich, in einem solchen gesellschaftlichen Klima Freundschaften zu pflegen? Wo setzen wir unsere Prioritäten? Bringen wir uns für andere in Gefahr? Long, Demonakos und Powell präsentieren mit dieser Graphic Novel einen zeitlich begrenzten und dennoch geschichtlich relevanten Ausschnitt auf der Basis persönlicher Erinnerungen. In einzelnen eindringlichen Szenen wird deutlich, wie tief die Vorurteile in den Südstaaten verankert sind, wie unumstößlich sie vielen scheinen. Und wie wenig die beiden verfeindeten Parteien doch voneinander wissen. Mark Long selbst schreibt im Nachwort:

Als die Familie Thomas uns das erste Mal daheim besuchte, war es, als wären Außerirdische vor unserer Haustür gelandet. Der ganze Häuserblock stand auf der Straße und gaffte, und wir selbst waren auch nicht viel besser. Ich hatte noch nie einen schwarzen Menschen kennengelernt. Und ich glaube auch nicht, dass sie schon einmal mit weißen Kindern gespielt hatten. Ich weiß noch, wie sehr uns allein die Beschaffenheit unserer Haare gegenseitig faszinierte.

Die Graphic Novel endet mit dem Tod Martin Luther Kings, der viele Menschen, gleich ob schwarz oder weiß, auf die Straßen treibt. Obwohl Long und Demonakos die ein oder andere erdachte Begebenheit eingefügt haben, entsteht letztlich doch ein authentischer Eindruck, ein deutliches Bild damaligen Miteinanders und Zusammenlebens, der aufgeheizten Stimmung, im Hintergrund die Schrecken des Vietnamkrieges, der selbst an den Kindern Jack Longs nicht spurlos vorbeigeht. Insgesamt ist ,Das Schweigen unserer Freunde‘ eine lohnenswerte Lektüre mit Zeichnungen, die an die Präzision eines Reinhard Kleist erinnern. Etwas länger hätte diese Geschichte jedoch sein können, die, kaum, dass sie in Fahrt kam, eigentlich schon wieder zu Ende war.

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