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Anthony McCarten – Liebe am Ende der Welt

Anthony McCarten ist ein neuseeländischer Autor und Filmemacher. McCarten schreibt seit langer Zeit erfolgreich Theaterstücke, u.a. Ladies’ Night, das 2001 mit dem Molière-Preis ausgezeichnet wurde. Auch an den Drehbüchern zu Superhero und English Harem war er, als Autor der Vorlage, maßgeblich beteiligt. McCarten wohnt in Los Angeles, Wellington und London.

Wer den Beginn dieses Romans liest, muss ein dickes Fell haben.  Darf sich durch Absurdität nicht abschrecken lassen. Denn was Delia Chapman eines Abends in Opunake erzählt, passt auf keine Kuhhaut.  Philipp Sullivan, Neffe des Bürgermeisters und neuer Bibliothekar der Stadt, liest Delia abends völlig verwirrt auf der Straße auf. Sie erzählt ihm – und Harvey Watson, dem diensthabenden Polizisten am Ort -, dass sie Außeriridsche gesehen habe. Und als ob das nicht genug sei – sie habe auch geschlechtlich mit ihnen verkehrt.

Was wie eine völlig unglaubwürdige Geschichte klingt, wird einige Tage später noch bestätigt, als man in einem nahegelegenen Feld einen Kornkreis und eine plattgedrückte Kuh entdeckt. Keine Spur weist auf einen Transport der Kuh hin, keine Fußabdrücke erklären das, was die Bewohner Opunakes da sehen, irgendwie plausibel. Was zunächst als Spinnerei einer Irren abgetan wird, entwickelt sich nach und nach zu einem gesellschaftlichen Spektakel. Delia findet Nachahmer und bald ist niemand mehr so sicher, was er glauben soll.

Aber selbstverständlich versteckt sich hinter all dem nicht wirklich ein Trupp geschlechtsreifer Aliens, sondern eine kaputte Kleinstadtgesellschaft, die friedvoll in den Armen des Selbstbetrugs liegt. Mit einfühlsamer Sprache, entwaffnender Ehrlichkeit und einer Spur Ironie gelingt es McCarten, Schicht für Schicht von dem abzutragen, was alle Bewohner Opunakes vor der Öffentlichkeit verbergen. So trägt Harvey Watson ein Geheimnis mit sich, das seine Autorität in der Stadt nachhaltig untergraben könnte, Delias Mutter beging vor einigen Jahren Selbstmord und ihr Vater schlägt sie mitunter ohnmächtig, Philipp Sullivan ist ein unverbesserlicher Einzelgänger, der alle Antworten zu lebenswichtigen Fragen in Büchern zu finden glaubt.

Ich war von diesem Roman wirklich von Anfang an begeistert und kann nur jedem nahelegen, sich nicht von der zunächst sehr skurillen Story abschrecken zu lassen. Die Auflösung empfand ich dann zwar als etwas halbherzig, aber das Lesevergnügen hat sie mir absolut nicht genommen. McCartens Umgang mit Sprache ist ein sehr offener und direkter, der dem Leser wie den Protagonisten keine Ausflüchte lässt und sie zwingt, sich ihren Dämonen zu stellen. Ein besonderes Buch, das ich wohl nicht gelesen hätte, wäre es mir nicht auch empfohlen worden!

 

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